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1.12 Brudermord

Beware Greeks Bearing Gifts

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~ Besetzung ~

Lucy Lawless (Xena)
Renee O'Connor (Gabrielle)
Galyn Goerg (Helena)
Scott Garrison (Perdicas)
Cameron Rhodes (Deiphobus)
Warren Carl (Paris)
Ken Blackburn (König Menelaus)
Adrian Keeling (Miltiades)
Aidan MacBride Stewart (griechischer Soldat)
John Manning (griechischer Späher)
Matthew Jeffs (trojanischer Soldat #1)
Peter Ford (trojanischer Soldat #2)
Geoffrey Knight (trojanischer Wächter)

Stab:
Story: Roy Thomas and Janis Hendler
Drehbuch: Adam Armus and Nora Kay Foster
Musik: Joseph LoDuca
Schnitt: Jim Prior
Regie: T.J. Scott

Erstausstrahlung:
USA 15.01.1996
BRD 19.01.1997

~ Zusammenfassung ~

Helena von Troja wird von Alpträumen geplagt und schickt nach ihrer Freundin Xena. Diese stürzt sich gemeinsam mit Gabrielle in den Trojanischen Krieg, um Helena zu Hilfe zu eilen. Helena will ihren Mann Paris verlassen, um zu Menelaus zurückzukehren - die Tatsache, dass Helena bei Paris weilt, ist nämlich vordergründig der Grund für den seit zehn Jahren tobenden Trojanischen Krieg. Gar nicht wahr, sagt Xena. Die ganze Sache habe sich längst verselbständigt und Helena solle zusehen, dass sie Land gewinnt und sowohl Paris und auch Menelaus aus ihrem Leben streicht. Darüber hinaus findet Xena sehr schnell heraus, dass Deiphobus, der Bruder von Paris, der ein Auge auf Helena und den Thron geworfen hat, mit Menelaus gemeinsame Sache macht. Leider schenkt Paris Xena keinen Glauben und lässt sie einkerkern. So kann sie Paris nicht davon abhalten, auf einen Trick der Griechen hereinzufallen: Diese ergeben sich scheinbar und bieten als Geschenk für den Sieger ein riesiges hölzernes Pferd an (Wir alle wissen natürlich, dass im Bauch dieses Pferdes griechische Krieger nach Troja hineingeschleust wurden...) Kurz: Alles wäre verloren, gäbe es nicht Xena, die die vertrackte Situation mit der ihr eigenen Lässigkeit zu lösen weiß... Parallel zu dieser Geschichte wird eine weitere erzählt, die sich ein wenig ausführlicher mit Gabrielles Gefühlsleben befasst: In Troja dient nämlich ihr einstiger Verlobter Perdicas, den sie einst bei Nacht und Nebel verlassen hatte, um Xena zu folgen. Beide entdecken, dass sie sich immer noch gernhaben. Am Ende begleitet Perdicas jedoch Helena, die ein eigenes Leben beginnt, und Xena und Gabrielle ziehen zu zweit ihrer Wege.

~ Übersetzung Titel & Disclaimer ~

Beware Greeks Bearing Gifts - Hüte dich vor Griechen die Geschenke überbringen

Das englische Sprichwort geht zurück auf die Warnung des Sehers Laokoon: "Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes." - "Was auch immer es ist, ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen."(Vergil, Aeneis). Danaer war eine Bezeichnung für die Griechen als Nachfahren von Perseus, dessen Mutter Danae hieß.

Disclaimer

No oversized Polynesian-Style Bamboo Horses were harmed during the production of this motion picture. However, many wicker lawn chairs gave their lives.

Während der Produktion diese Films wurden keine übergroßen Bambuspferde polynesischen Stils verletzt. Jedoch mussten viele Korb-Gartenstühle ihr Leben lassen.

~ Kommentar ~

You don't own me - I'm not one of you little toys (Klaus Nomi, 1982)
Das faszinierende an der Geschichte von Troja ist, dass sie 2800 Jahre nach Homer immer noch erzählt und aufs Neue interpretiert wird. Kaum ein Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts verging, in dem nicht ein neuer Troja Film auf die Leinwand kam und garantiert wird jemand aufstehen und verärgert sagen, dass alles ganz anders war. Doch schon in der Antike existierten verschiedenste Versionen der Geschichte. Ob Helena ihren Gatten Menelaus verlassen hat oder von Paris geraubt wurde ist höchst umstritten, da Aphrodite persönlich ihre schicksalhaften Finger im Spiel hatte. Nach gängiger Überlieferung starb Paris nicht durch seinen Bruder, sondern durch einen vergifteten Pfeil Philoktets, einige Zeit vor dem Fall Trojas. In einigen Versionen war sein eigentlich gar nicht so übler Bruder Deiphobos danach mit Helena verheiratet eher er, wie fast alle Gestalten der griechischen Mythologie, eines gewaltsamen Todes verstarb, in seinem Fall durch Menelaus. Erstaunlicherweise wird das berühmte Pferd bei Homer nur im Nebensatz erwähnt. Bekannt wurde es erst durch spätere Nacherzählungen wie bei Vergil (oder Virgil), Apollodor oder Quintus von Smyrna. Ganz so naiv wie vielfach angenommen waren die Trojaner auch nicht, war das Danaergeschenk doch in die komplexe Lügengeschichte des Sinon eingebunden, die mit den religiösen Überzeugungen und der Kriegsmüdigkeit der Trojaner spielte. Das Pferd war außerdem bewusst so groß gebaut, dass es gerade nicht durch das Stadttor passte und die Mauern eingerissen werden mussten. Nur der Glaube an das angebliche Weihegeschenk für Athene brachte die Trojaner zu ihrer fatalen Fehleinschätzung, wobei wir ganz im Sinne der Herkules Serie lernen, dass man den Göttern keinen allzu großen Glauben schenken sollte.
Am meisten umstritten ist der Charakter Helenas. Ihre Beschreibung schwankt zwischen zwei Extremen, dem unschuldigen, vom männlichen Besitzdenken verfolgten Opfer bis zur ehrlosen Verführerin, deren Eitelkeit tausende das Leben kostet. Für Stesichoros und Euripides war sie so widersprüchlich, dass sie ihre Persönlichkeit gleich ganz aufgespaltet haben. Nach ihrer Version war Helena nie in Troja, sonder ist die ganze Zeit in Ägypten gewesen, während Paris nur ein Trugbild nach Troja gebracht hat; was den Kampf um Troja noch sinnloser erscheinen lässt. In dieser Xena Episode ist Helena eine normale, moderne Frau, die nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit strebt und kein reines Dekostück sein möchte. Sie ist zwar ganz attraktiv, wirkt aber nicht wie die verführerischste aller Frauen, die allen Männern den Kopf verdreht und sie zu Kriegserklärungen verleitet. Deiphobos rüder Annäherungsversuch mit den Worten "What does every man want from Helen of Troy?", erscheint nicht durch ihre überirdische Anziehungskraft bewirkt zu sein, sonder eher eine Folge der unangenehmen Eigenschaft mancher Männer, alles zu bespringen was einen Rock trägt. Verständlich das Helena keine Lust mehr hat. So ist ihre Darstellung hier eindeutig positiv. Allerdings, so modern und sympathisch unsere Helena wirkt, etwas von ihrem zweideutigen Charakter ist doch noch vorhanden; ob von den Autoren bewusst oder eher unabsichtlich hineingebracht sei dahingestellt. Da wäre ihr Wunsch mit Xenas Hilfe Menelaus ein Friedensangebot zu machen, und zwar nach zehnjähriger Belagerung ("Troy has become a city of misery and death"). So schlecht scheint es ihr im Gegensatz zur trojanischen Bevölkerung nicht ergangen zu sein, wenn man einen Blick in ihr mondänes Schlafgemach wirft. Da kann man sich schon zehn Jahre Zeit lassen um etwas Edelmut zu entwickeln. So genießt sie auch unbeschwert ihr Bad in Milch und Rosenblättern. Ob das Baden in realer Milch tatsächlich so angenehm ist, haben wir nicht ausprobiert, jedoch gilt das gemeinhin als purer Luxus und wird meist mit dem opulenten und prahlerischen Lebensstil einer Cleopatra in Verbindung gebracht. Wobei wir wieder beim Motiv Ägypten wären, dass einer Helena nach einigen Quellen mehr geziemt hätte. Bei ihrem Wunsch in einer anderen Stadt endlich ihren eigenen Weg gehen zu können, hat man dann auch nicht den Eindruck, dass sie durch die ehrliche Arbeit ihrer zarten Hände ihren Lebensunterhalt verdienen will. Man wird den Gedanken nicht los, sie wird ihres Daseins als Normalbürgerin bald überdrüssig werden und sich, natürlich ganz unabhängig und selbstständig, einen neuen Verehrer suchen, der für die Milchbäder aufkommt. Da wären unsere beiden hart arbeitenden Powerfrauen Xena und Gabrielle doch ein besseres Vorbild.
Beim Kampf um Troja geht es aus Budgetgründen eher bescheiden zu. Jedenfalls kann Menealus' Eroberungstruppe locker in einem Schiff untergebracht werden, als dass es die Homer'schen 1000 Schiffe braucht. Im Gegensatz zur Vorlage ist auch die Eroberung der Stadt eher gemächlich. Es ist schon merkwürdig, dass einige Pädagogen empfehlen, man solle sich statt eines gepflegten Killerspiels lieber der klassischen Literatur widmen. Dabei geht es bei Homer, den Gebrüder Grimm und selbst im alten Testament schlimmer zu als in manchem Horrorfilm. Selbst in den seit 1840 sehr beliebten "Sagen des klassischen Altertums", die von Gustav Schwab aufgrund der "Forderung der Sittlichkeit" für die Jugend gekürzt wurden, wird auf fünf Seiten geschlachtet was das Zeug hält; Köpfe werden von Leibern getrennt, ein Kind vor den Augen der Mütter von den Zinnen geworfen und selbst die brutale Vergewaltigung der Kassandra findet, wenn auch nur andeutungsweise, Erwähnung. Die Realität des Krieges ist eben grausam. Und das kommt bei Xena erst in späteren Folgen zum Ausdruck. Und damit wären wir bei einem Problem der Episode. Wenn im Teaser der Name Troja fällt, dann weiß auch der in antiker Mythologie nicht so bewanderte, dass von einem epischen Schlachtengemälde die Rede ist. Von Liebe, Drama, Tod und Verwüstung. Und wer mit solchen Erwartungen die Episode sieht, wird mit Sicherheit enttäuscht sein.
Noch eine Anmerkung zur Entwicklung unseren Heldinnen. Das Xena locker über das Schlachtfeld Trojas rennt, wundert uns nicht, dass aber Gabrielle mit ihrem Kampfstab wie selbstverständlich mittendrin ist, zeigt noch mal deutlich den Wandel gegenüber den vorherigen Episoden. Dass sie deshalb endlich mal wieder einen ihrer Jungs küssen darf, findet deshalb unsere volle Unterstützung. Leider wirkt Perdicas nicht so ideal und ein bisschen zu brav und soldatisch. Abgesehen davon, dass es ein anderer Schauspieler ist als in der ersten Episode, ist es auch ein völlig anderer Charakter. Und da dieser für den Zuschauer völlig unbekannt ist, kann man Gabrielles sofortige Begeisterung nicht ganz nachvollziehen. Jedenfalls war die sich entwickelnde Zuneigung zum unheilbar kranken Poeten Talus in "Death in Chains" glaubhafter.
Insgesamt ein bisschen zu wenig Xena und zuviel müdes Troja, da hält sich die Begeisterung in Grenzen. Trotzdem sei angemerkt, dass das stilistisch zwischen Bauhaus-Schlichtheit und ozeanischer Bambuskunst liegende Pferd irgendwie ganz niedlich ist.

~ Bildkommentar ~

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Helena ist entsetzt dass ihre Lieblingsserie Herkules von Kabel Troja abgesetzt wurde und sie nun immer Milchbart Paris angucken muss. Höchste Zeit für Xena sie da rauszuholen. Momentan ist die Frau mit den vielen Fähigkeiten aber noch damit beschäftigt Spiderman das Klettern beizubringen.
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Diese Episode hat ein ausgesprochenes Faible für Totenschädel. Xena und Gabrielle rennen über die Schlachtfelder Trojas und halten dann einen gemütlichen Plausch mit Perdicas. Gabrielle freut sich, Xena wundert sich, genauso wie der Zuschauer, der sich nicht notiert hat wer alles in früheren Episoden durchs Bild gelaufen ist und dem braven Soldaten ratlos gegenüber steht.
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Etwas pikiert schaut Helena schon, als der Spiegel bei der Frage nach der Schönsten im Land - Xena - sagt. Bei Deiphobus erkennt man schon an der wirren Frisur, dass er der Böse ist und die Episode niemals nicht überlebt.
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Helena badet in Milch. Paris zählt die Rosenblätter ab und endet leider bei "Sie liebt mich nicht". Xena, derweilen im Gefängnis, schafft es mit artistischer Einlage durch ein Rohr zu springen. Wer solche Löcher in die Decken seiner Gefängnisse zieht, braucht sich nicht wundern, wenn ihn ein Pferd zu Fall bringt.
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Zur Abwechslung ein Blick auf die Konkurrenz im Pferderennen der Designer...
A) Gediegenes Ross im Fernseh-Mehrteiler Helena von Troja (2003)
B) Einst Requisite in Wolfgang Petersens Troja (2004), jetzt eine von mehreren Pferde-Sehenswürdigkeiten im türkischen Çanakkale (nahe dem antiken Troja).
C) Über fünfzig Jahre her, trotzdem noch eine der besseren Verfilmungen der Sage. Der Untergang von Troja (Helen of Troy, 1956) von Robert Wise.
D) Über 45 Tonnen schwer war der Star der Troja Ausstellung von 2001. Für Besucher war das überdimensionierte Spielzeugpferd durch Wendeltreppen in den Beinen begehbar.
E) Hat einem schweren Stand gegen die Konkurrenz. Trotzdem zollen wir Xena Chefdesigner Robert Gillies Respekt dafür, dass er aus einem kleinen Budget ein großes Pferd mit wuscheliger Mähne gezaubert hat.

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Die junge Gabrielle erinnert sich an ihr Amazonentraining und zeigt was sie alles gelernt hat. Der alte Menelaus erinnert sich nach all den Jahren nicht mehr daran, was er in Troja eigentlich gewollt hat.
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Gabrielle küsst wieder einen ihrer Verehrer anstatt nur dumm schmachtend rumzustehen. Noch faszinierender allerdings die trojanische Notration. Nach zehn Jahren Belagerung ist der Blumenkohl immer noch so frisch wie am ersten Tag.
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Wie immer interessiert sich keiner für die Opfer, die in den Mauern von Troja das gleiche Schicksal erleiden, wie der Knochenmann im Vordergrund. Zumindest braucht Xena keine zehn Jahre um Helena herauszuholen. Nach kurzem Kampf ist der Weg frei.
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Typisch Mann, erst rumknutschen und Wunder was ins Ohr säuseln und dann mit ner anderen abhauen. Helena wirkt auch nicht wie die trauernde Witwe, deren Verehrer gerade über die Klinge gesprungen ist. Besser man verabschiedet sich gleich von beiden. Gabrielle nimmt's gelassen und Xena freut sich, dass sie nicht alleine weiter reisen muss. Nur das Pferd schaut traurig drein, was man bei dieser Episode durchaus nachvollziehen kann.

~ Trivia ~