2.03 Tödlicher Hass

Giant Killer

~ Zusammenfassung ~

Xena erzählt Gabrielle, wie sie vor Jahren gegen den Riesen Gareth kämpfte. Mit einem Waffenbruder aus dieser Zeit hat sie sich auf dem Friedhof der Riesen verabredet. Gabrielle ist etwas verdutzt, als sie sieht, dass Xenas Freund ein Riese ist - Goliath. Er hat damals im Kampf gegen Gareth seine Frau und sein Kind verloren. Er konnte seine Familie nicht beschützen, weil er sich um die verletzte Xena kümmerte - und ist seitdem auf der Suche nach Gareth, um ihn zu töten. Derweil hat er sich als Helfer der Philister verdungen, die die Israeliten vertreiben wollen. Während eines solchen Scharmützels lernt Gabrielle David kennen, der mit seinen Mannen ins Gefängnis der Philister geworfen wird. Obwohl Xena Goliath davon zu überzeugen versucht, dass er für die falsche Seite arbeitet, lässt dieser sich nicht überzeugen. Als Xena aber während der drohenden Hinrichtung von David (und Gabrielle, die sich schützend über ihn wirft) eingreift und Kämpfe ausbrechen, hält Goliath sich zurück und den Israeliten gelingt die Flucht. David und Jonathan stellen Xena und Gabrielle König Saul vor, der sie herzlich willkommen heißt. Xena schlägt vor, die Stärksten der feindlichen Parteien gegeneinander kämpfen zu lassen, um so unnötiges Blutvergießen zu vermeiden. Sie weiß, dass Riesen eine verletzbare Stelle zwischen den Augen haben und mit dem richtigen Schuß getötet werden können. Die Philister nehmen die Herausforderung an. Doch als Goliath sich Xena stellt, greifen die Philister die Israeliten hinterhältig an. Bei diesen Kämpfen wird Jonathan, der Thronfolger der Israeliten, getötet. Seinen Platz nimmt nun David ein, der darauf besteht, sich Goliath zu stellen, weil sein Volk einen starken Anführer braucht. Obwohl Goliath beim Kampf einen Helm trägt, der seine "schwache Stelle" schützt, hat Xena darauf eine Antwort parat: Mit goldenen Schildern blenden die Israeliten Goliath, so dass er gezwungen ist, seinen Helm abzunehmen. Mit einer Steinschleuder erledigt David Goliath mit einem wohl platzierten Schuß. Xena geht zu ihrem sterbenden Freund und lässt ihn wissen, dass sein Kampf vorüber ist (in vielerlei Hinsicht). Obwohl sie am Ende auf verschiedenen Seiten standen, hat sie einen Freund verloren..

~ Übersetzung Titel & Disclaimer ~

The Giant Killer - Der Riesentöter

Wahrscheinlich eine Anspielung auf das altenglische Märchen "Jack the Giant Killer" in dem der Farmerjunge Jack einige Riesen tötet und dadurch die Hand der Königstochter erringt. Es gibt eine Verfilmung von Nathan Juran aus dem Jahr 1962. Entfernt verwandt mit dem deutsche Märchen "Das tapfere Schneiderlein". Als Wortspiel kann man den Titel auch als "Der riesige Killer" lesen, was sich dann auf Goliath bezieht.

Disclaimer

No Bible Myths or Icons were irreparably mangled during the production of this motion picture.

Bei der Produktion dieses Films wurden keine biblischen Mythen und Ikonen unwiederbringlich zerquetscht.

~ Kommentar ~

Biblische Größen
Xena macht wie schon in X1.17 Königliche Diebe und X1.19 Menschenopfer einen Ausflug ins Alte Testament. Diesmal allerdings deutlich offensichtlicher, denn den Kampf David gegen Goliath kennt selbst der nicht so bibelfeste Zuschauer. Dies ist aber auch ein Nachteil, denn so ist von vornherein klar wer gut und böse ist und wie der Kampf endet. Deshalb hält sich die Spannung leider auch in Grenzen.
Einige Abweichungen zur Bibel gibt es natürlich. Die biblische Geschichte spielt so um 1000 v. Chr. Goliath war laut dem ersten Buch Samuel ein Philister und kein Söldner und David war zu diesem Zeitpunkt noch ein Hirtenjunge. Dafür zeigte er ein deutlich brutaleres Vorgehen, denn nach dem Steinwurf hat er Goliaths Kopf abgeschlagen und ihn König Saul präsentiert. Jonathan lernte er später kennen und war eng mit ihm befreundet. Im zweiten Buch Samuel 1.26 sagt er über Jonathan: "Wunderbar war mir deine Liebe, mehr als Frauenliebe", was auch immer das nun bedeuten mag. Am Hofe Sauls bekam er dessen Tochter Michal zur Frau. Er war also nicht der Sohn, sondern der Schwiegersohn Sauls und Sarah hieß die Dame auch nicht, obwohl man bei den zahlreichen Frauengeschichten Davids nicht ausschließen kann, dass es auch zwischendrin eine Sarah gab. Aufgrund von Streitereien nahm ihm Saul später Michal wider weg und schickte ihn in die Wüste. Eine zeitlang arbeitet David als eine Art Söldner mit den Philistern zusammen, ehe es zu einem erneuten Krieg kam und David wieder auf der Seite der Israeliten kämpfte. In der Schlacht in den Bergen von Gilboa kamen Saul und Jonathan ums Leben. Nachdem Sauls natürlicher Nachfolger auf unnatürliche Weise dahinschied, wurde David der zweite König von Israel und schaffte es die Philister zurückzudrängen, wobei sie nie ganz besiegt wurden. Das Dagon am Ende der Episode entkommen kann kommt also nicht von ungefähr.
Interessanterweise steht im zweiten Buch Samuel unter 21.19, dass nicht David, sondern Elhanan den Goliath getötet hat. Das soll angeblich ein Übertragungsfehler sein. Vielleicht hat aber auch ein Schreiber nachträglich David zum Bezwinger Goliaths erklärt. Anlässlich dieses biblischen Widerspruchs soll hier angemerkt werden, dass außerhalb der Glaubensgemeinschaft umstritten ist, ob es einen König David überhaupt gegeben hat, denn die archäologischen Zeugnisse sind für die gesamte Epoche sehr dünn. Wenn es ihn gab, dann war er eher ein kleiner König, denn Jerusalem hat laut Schätzungen (die natürlich ebenfalls umstritten sind) zu dieser Zeit ca. ein- bis zweitausend Einwohner, also ungefähr soviel wie Dollern; und wer hat schon je was von Dollern gehört? Auch war David nicht nur der feinsinnige "Warrior Poet" den Gabrielle besingen will, sondern wie ein Biograph schreibt "...ein Thronräuber, Ehebrecher und Mörder, der seinen Aufstieg zum König geschickter Machtpolitik und Terror verdankte". Womit er also ein ganz normaler König war, wie alle anderen royalen Machthaber, die gern zum großen weisen Führer stilisiert wurden.
Die Philister und die Israeliten haben sich über viele Jahrhunderte kleine und größere Scharmützel geliefert ehe das Land an die Assyrer ging und im 6. Jh. v. Chr. unter Nebukadnezar ein Teil des babylonischen Reichs wurde. In assyrischen und babylonischen Schriften werden die Philister als "Palastu" bezeichnet und daher kommt der Name Palästina. Obwohl die Palästinenser keine Nachfahren der Philister sind und nur nach der Region benannt wurden, ziehen einige politische Aktivisten rhetorische Parallelen zwischen dem Israeliten-Philister Krieg und den Parteien im heutigen Nahost-Konflikt. In der Anfangszene, in der Xena und Gabrielle auf den Philisterführer Dagon treffen, sagt dieser über die Israeliten Sätze wie "It's a shame they don't manage their resources better" und "We built this land into something! It was an unproductive desert when we got here." Das klingt wie die Sprüche die aus den politisch harten Israelischen Lagern über die Palästinenser gemacht wurden. Dass dies jetzt von der Philisterseite kommt, hätte sicher eine interessante Geschichte nach sich ziehen können. So hat auch die Folge X1.19 Menschenopfer sehr hintergründig mit den biblischen Mythen gespielt.
Leider versackt die Episode aber ziemlich schnell in wenig plausiblen Nebenhandlungen. Das fängt schon mit der idiotischen Gefängnisszene an, geht weiter über die Davidbewunderung von Gabrielle, bei der auch der beste Psalm nicht verhindern kann dass das Ganze nur noch peinlich wirkt und endet in einem vorhersehbaren Ende Goliaths, bei dem auch noch Gott für passend schönes Wetter sorgt. Xena ergreift ziemlich schnell Partei für die Israeliten, obwohl die im Gegensatz zu der sonst bei Xena üblichen armen Dorfgemeinschaft eine stattliche Armee mit nagelneuen Rüstungen haben. Auch das Königshaus sieht mit seinen Gemächern nicht übel aus und verhungern muss David bei dem Angebot an Speisen auch nicht. So ärmlich wie am Anfang der Episode dargestellt ist es im Hause Sauls offensichtlich nicht und Xenas Engagement "I reserve my help for those who need it" scheint diesmal nicht so notwendig zu sein wie sonst. Auch ihre Freundschaft mit Goliath schmeißt sie mit einem "He's fighting on the wrong side" ziemlich schnell über den Haufen. Da hätte sich Hercules erheblich mehr Mühe gegeben. So beschränkt sie sich den größten Teil der Episode darauf, betont finster drein zu blicken. Gabrielle hat in dieser Episode außer David anhimmeln und mehrmals Xenas Hand halten auch nicht viel zu tun und wirkt eher wie das Dorfmädel aus den Anfängen der ersten Staffel. Einzig Goliath ist noch ein bisschen interessant, da er im Gegensatz zu den üblichen Darstellungen als großer hirnloser Krieger eine sehr tragische Note bekommt.
Von der filmtechnischen Seite sind auch die Größeneffekte nicht schlecht, da haben die Macher seit der Episode X1.07 Aufstand der Titanen dazugelernt, besonders zu sehen im ersten Kampf Xenas gegen Goliath. Ebenfalls ganz passabel ist die Kampfszene in Dagons Lager geraten. Das reißt die Mängel in der Story aber nicht heraus und meiner Meinung nach ist dies eine der schwächsten Episoden der zweiten Staffel.

~ Bildkommentar ~

Biblische Gestalten in XWP. Goliath ist je nach Bibelfassung 2-3 m groß, wobei er im Laufe der literarischen Geschichte immer größer wurde. So ergeht es ihm auch in dieser Episode, denn hier sieht man ihn noch in "klein". Da Lucy Lawless laut Selbstaussage 1,78 m ist, schätzen wir Goliath in dieser Szene auf knapp 3 m.
Kleiner, aber laut Bibel attraktiver war David. Der hatte nach 1. Sam. 16.12 "schöne Augen und ein gutes Aussehen". Jetzt fragt man sich warum unser schöner David die ganze Episode mit einer hässlichen Platzwunde herumlaufen muss. Vielleicht das Zeichen des herben Kriegers oder Symbol der verletzlichen Künstlerseele. Vielleicht wollte der Visagist auch nur einen unschönen Pickel verstecken.

Xena macht in dieser Episode vorwiegend einen betroffen finsteren Gesichtsausdruck. Dagon erklärt die Philistisch-Israelische Position des Zivilisationsbringers "We built this land into something!".

Der versuchte Gefängnisausbruch ist mit die dümmste Aktion des Films. Die Israeliten graben ein Loch in die Wand, hängen ein deutlich sichtbares Tuch drüber und kippen die Erde ganz ungeniert aus dem Fenster! Wir verweisen für ein intelligentes Beispiel auf Clint Eastwood in "Flucht von Alcatraz (1979)"

Unser Goliath ist gewachsen und wir schätzen jetzt anhand von Lucy Lawless seine Größe auf ca. 4,50 m.
Der laut Guinness Buch größte Mensch, dessen Größe auch nachhaltig belegt ist, war Robert Wadlow mit 2,72 m; hier neben seinem Vater. Aufgrund eines Tumors in der Hypophyse kam es zu einer Überproduktion von Wachstumshormonen. Seine Knochen konnten das Gewicht bald nicht mehr alleine tragen und er benötigte Beinschienen (siehe auch unsere Trivia Erklärung in Episode 1.07). Er verstarb 1940 im Alter von nur 22 Jahren. Ist nicht leicht, das Leben als Riese.

Das ist die witzigste Szene der Episode. Gabrielle versucht sich als menschlicher Schutzschild. Wir erinnern hier auch an ihr bewegtes und ebenso sinnloses Selbstanketten in der Episode X1.06 Xena und der Kriegsgott. Sie ist halt unsere liebenswerte Protestlerin.
Ebenfalls ein Höhepunkt jeder Episode ist das "auf den Tisch fallen". Hier gibt es statt dem sonst beliebten Obst diesmal Fisch und Würste. Außerdem erblicken wir die wärmenden Unterhosen des Henkers. Weil das so schön ist, macht er dies gleich zweimal.

Liebe Gabrielle - wenn ein Mann so von einer Frau begrüßt wird, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die beiden nicht nur "gute Freunde" sind. Also tu nicht so überrascht. Und wenn du trotzdem einen Ausspannversuch machst, dann bitte nicht während der dichterischen Arbeitszeit, in ungewaschenen Straßenklamotten und mit einem banalen Teller Suppe. Wir vermissen schmerzlich Autolycus als Berater.

Was macht eigentlich ein Schädel in einem Blumenladen? Xena erklärt den Schwachpunkt Goliaths. Wer hätte das gedacht, wie bei allen anderen Menschen und Primaten ist es der Kopf. Darauf hätte selbst Hirtenjunge David kommen können. Goliath weiß das natürlich auch und trägt beim Fahrradfahren und Pfeiler einreißen immer seinen Schutzhelm.

Das ist Saul, der erste König der Israeliten. Er trifft keine Entscheidungen und beschränkt sich darauf seinen Blick ins betrübt sorgenvolle gleiten zu lassen.
Gabrielle lässt sich das komplexe Konzept des einen Gottes erklären. Was daran schwierig sein soll ist nicht ganz verständlich, stellt es doch die simpelste Gottesannahme dar die man sich denken kann. Gegenüber der unübersichtlichen griechischen Götterwelt ein echtes All Inclusive Angebot. Ist doch praktisch wenn man statt alle Götterschreine abzuklappern nur noch ein Stoßgebet seufzen muss. Da bleibt noch Zeit den einen oder anderen schönen Psalm zu verfassen.

Die Israeliten haben genauso viel Soldaten wie die Philister und auch noch schicke Rüstungen mit goldenen Schilden. Wozu brauchen die eigentlich Xenas Beistand? Goliath wird geblendet und nimmt zur Überraschung aller Zuschauer den Helm ab. Dabei ist normalerweise eine passende Kopfbedeckung der beste Schutz gegen zuviel Sonne. Sich einfach in den Schatten stellen hätte auch gereicht, aber viele Wunder lassen sich eben nicht rational erklären.

Eine weitere Abweichung gegenüber der Bibel. Unser Goliath begnügt sich mit einem kleinen Wechselschritt, während der biblische David die Angelegenheit mit dem Schwert beendet. So wie hier bei Caravaggio (ca. 1606, Kunsthistorisches Museum Wien). Im Vorabendprogramm muss offensichtlich zum Schutze der Jugend das Alte Testament wegen massiver Gewaltverherrlichung zensiert werden, was wir hier aber als zivilisatorischen Fortschritt betrachten. Interessant dass sich bei Caravaggios David der Jubel in Grenzen hält und er ziemlich betrübt zur Seite schaut. Man war sich wohl schon im Frühbarock der Tragik dieser Geschichte bewusst.

Xena hat einen Freund verloren und Gabrielle meint wieder Händchen halten zu müssen. Das wird nach der peinlichen Davidaffäre selbst Xena zuviel und sie geht lieber allein auf einen Spaziergang über den Friedhof der Riesen. Mit einem ordentlichen Begräbnis scheinen es die Riesen nicht so zu haben, dafür fördert die Knochendeponie den herrlich morbiden Unterton der Serie.

~ Trivia ~

• Im biblischen Buch der Psalmen (von griech. psalmos - Saitenspiel) sind 150 geistliche Lieder gesammelt. Einer der bekanntesten ist der in dieser Episode zitierte Psalm 23 Davids:
  
  Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
  Er lagert mich auf grünen Auen, er führt mich zu stillen Wassern.
  Er erquickt meine Seele. Er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit um seines Namens willen.
  Auch wenn ich wandere im Tal des Todesschattens, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir; dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich.
  Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde; du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über.
  Nur Güte und Gnade werden mir folgen alle Tage meines Lebens; und ich kehre zurück ins Haus des Herrn lebenslang.
• Der Psalm Davis kommt in zahlreichen Filmen und Serien vor, meist bei Begräbnisszenen. In voller Länge hört man ihn auch in der skurrilen und selbstironischen Akte X Episode 2.20 Humbug (Der Zirkus).
• In einer ursprünglichen Fassung sollte Xena am Ende der Episode mit Goliaths Feind Gareth kämpfen, doch entschieden sich die Produzenten für das David vs. Goliath Ende. Die Szenen vom Kampf gegen Gareth wurden später in der Episode X2.15 Ein harter Tag verwendet.
• Todd Rippon (Goliath) spielt noch den Macon in X3.19 Tsunami.
• Anthony Starr (David) war der Mesas in X1.10 Die Amazonenprinzessin.
• Calvin Tuteao (Dagon) spielt den Gurkhan in X6.04 Blutrache.