2.05 Callistos Rückkehr
Return Of Callisto
~ Besetzung ~
Lucy Lawless (Xena)Renee O'Connor (Gabrielle)
Hudson Leick (Callisto)
Ted Raimi (Joxer)
Scott Garrison (Perdicas)
David Te Rare (Theodorus)
Alex Moffat (1. Wache)
David Scordino (2. Wache)
Lance Cheshire (halbverhungerter Mann)
Puck Willis (1. Kind)
Frederick Bedford (Dorfpriester)
Stab:
Drehbuch: R.J. Stewart
Musik: Joseph LoDuca
Schnitt: Robert Field
Regie: T.J. Scott
Erstausstrahlung:
USA 28.10.96
DEU 23.11.97
~ Zusammenfassung ~
Callisto bricht aus dem Gefängnis aus. Fast zur selben Zeit teilt Gabrielle Xena mit, dass sie ihren alten Jugendfreund Perdicas heiraten wird. Dieser ist urplötzlich aufgetaucht - des Kämpfens müde, bittet er Gabrielle, ein neues Leben mit ihm zu beginnen. Als Gabrielle sieht, wie schwach und verzweifelt er ist, gibt sie ihm ihr Ja-Wort. Nach der Hochzeit zieht Xena ohne die Freundin weiter. Sie will sich um Callisto kümmern. Nur im letzten Moment kann sie verhindern, dass diese Gabrielle umbringt. Perdicas' Leben kann Xena jedoch nicht retten. Der junge Mann wird eiskalt von Callisto getötet. Gabrielle, blind vor Schmerz und Schuldgefühlen, will nun ihrerseits Callisto töten. Sie überredet Xena, ihr die Grundzüge des Schwertkampfs beizubringen, und obwohl Xena sie bittet, ihren Rachefeldzug zu vergessen, ist Gabrielle nicht umzustimmen. Als sie die Kriegerin nachts um den Seelenfrieden der Freundin beten hört, beschließt sie, unverzüglich zu handeln. Sie sagt Xena, sie werde nach Hause reisen - in Wirklichkeit führt ihr Weg sie aber in die Höhle, in der Callisto und ihre Bande sich versteckt halten. Als sie der schlafenden Callisto jedoch das Schwert an den Hals setzt, da kann sie es nicht tun - sie will niemandem das Leben nehmen. Lieber, so sagt sie, würde sie selber sterben. Callisto nimmt erst sie gefangen, kurz darauf auch Xena. Diese muss zusehen, wie Gabrielle an einen Pfahl gebunden wird, um verbrannt zu werden. Als die Flammen Gabrielle zu erreichen drohen, stürzt Joxer in die Höhle. Er wird zwar schnell überrumpelt, sein Manöver gibt Xena aber Gelegenheit, Callisto in einem unbeobachteten Augenblick das Chakram zu stibitzen. Dann geht es Schlag auf Schlag: Xena befreit sich und Gabrielle, dann entbrennt ein Zweikampf zwischen den beiden Kriegerinnen. Die beiden liefern sich ein packendes Streitwagenrennen, landen am Ende beide im Treibsand. Xena kann sich befreien - und lässt Callisto untergehen. Am Ende stehen Xena und Gabrielle am Meer und schauen in den Sonnenuntergang. Die Stimmung ist traurig, aber gefasst.
~ Übersetzung Titel & Disclaimer ~
Return Of Callisto - Die Rückkehr von Callisto
Disclaimer
Although Xena finally conquered her dark nemesis Callisto, it took her weeks to get the sand out of her leather unmentionables.
Obwohl Xena schließlich ihre dunkle Nemesis Callisto besiegt hat, brauchte sie Wochen um den Sand aus ihrer ledernen Unterwäsche zu bekommen.
Nemesis ist eine griechische Rachegöttin. Nemesis bestraft in "gerechtem Zorn" in erster Linie die menschliche Selbstüberschätzung, auch als Hybris bezeichnet.
~ Kommentar ~
Der Verlust der Unschuld
Von der Handlung her schließt diese Episode nahtlos an die erste Callisto Folge X1.22 Die Furie an; in der Charakterisierung der Hauptfiguren jedoch zeigen sich einige Unterschiede. Bei dem Thema "Verlust der Unschuld" denken viel zuerst an die ersten Liebeserfahrungen Gabrielles, jedoch ist dieser Verlust kaum von episodenentscheidender Bedeutung. Erstens hat Gabrielle in den letzen 28 Folgen mit zahlreichen Männer geflirtet, so dass der technische Vollzug nur eine Frage der Zeit war und auch in jede andere Episode gepasst hätte, zweitens kann man sich fragen, ob man das überhaupt als Verlust von einer Unschuld ansehen muss, kommt das hohe Lied der Unberührtheit doch aus den eher leibes- und liebesfeindlichen Richtungen religiöser Wertsysteme und drittens ist genau diese Szene zwischen Gabrielle und Perdicas durch ihren dümmlichen Dialog reichlich misslungen. Da hätte es ein simpler Monduntergang + Sonnenaufgang wie bei Xena und Marcus in X1.16 Hilferuf eines Toten Mortal Beloved auch getan und der Zuschauer hätte sich lächelnd seinen Teil gedacht ohne Zeuge der hochnotpeinlichen Befragung des armen Perdicas werden zu müssen.
Viel interessanter ist hier, dass Gabrielle auch einen Teil ihrer moralischen Unschuld verliert. Sie entwickelt ungeahnte Rachegefühle und sie lügt Xena bewusst und überzeugend an, was angesichts der Bedeutung der Freundschaft zwischen Xena und Gabrielle durchaus einen Bruch darstellt. Zwar kommt es nicht zum Verlust der "Blutunschuld" Gabrielles, d.h. sie töten Callisto nicht, doch kann man erahnen, dass sie auch das nicht mehr lange durchhält. Hier bekommt Gabrielles Charakter einen sehr tragischen und leidenden Zug. Besonders symbolisiert in der "Scheiterhaufenszene", in modernen Filmen fast immer Ausdruck des Leidens eines guten Charakters, wie in den zahlreichen Jean d'Arc Verfilmungen. Dass Gabrielle sich ihrem Schicksal ergibt ist nicht nur eine Parallele zu den Ermüdungserscheinungen des Soldaten Perdicas, sondern auch zu der Haltung Xenas in der allerersten Episode "Sins of The Past". Auch wenn sie von Xena, oder genauer indirekt von Joxer gerettet wird, scheint Callistos Drohung an Xena "You're about to watch the friendship of your life go up in smoke." zumindest teilweise in Erfüllung zu gehen.
Im selben Dialog vergleicht sich Callisto mit Gabrielle: "I envy her in a way. She gets to leave this life so pure. I wonder if I could have been her.", wodurch die bemerkenswerte Wendung angedeutet wird, dass Callisto nicht eine "böse Xena", sondern vielmehr eine "böse Gabrielle" ist. Callisto hat ihre Unschuld schon lange verloren, wobei hier auch die moralische Unschuld gemeint ist, denn interessanterweise outet sich Callisto als strikte Anti-Alkoholikerin und überzeugte Vertreterin des Zölibats. Was man in einer amerikanischen Serie als gelungenen Witz auffassen darf, sind doch in den meisten Filmen Sex und Alkohol Kennzeichen der Femme Fatal und oft auch als deutlich verwerflichere Sünden dargestellt, als das reihenweise Umnieten anderer Leute. Im Gegensatz zu dem ersten Teil X1.22 Die Furie wird hier Callisto aber auch als Opfer gezeigt, das mit dem Verlust der Unschuld auch gleich dem Wahnsinn verfallen ist. In der Anfangszene wird sie wie Hannibal Lecter in "Das Schweigen der Lämmer (1991)" gehalten und die Haftbedingungen sowie die Behandlung durch die Wärter entsprechen kaum den Grundsätzen des humanen Strafvollzugs. Auch die visuelle Symbolik unterstreicht, dass Callisto früher wahrscheinlich anders war, denn zweimal sieht man die nackten Füße von Callisto. Barfuss zu gehen ist oftmals ein Symbol für einen Naturzustand oder auch Frömmigkeit und Unschuld - vielleicht nicht gerade bei den Exzentrikern, die in unseren Großstädten barfuss durch die S-Bahn laufen, aber bei religiösen Ritualen und in einigen Orden durchaus. Als Callisto sich aus dem Stuhl befreit und als sie aus der Gefängniszelle geht zeigt die Kamera erst ihre bloßen Füße bevor sie hoch zu ihrem irren Blick schwenkt. Manchmal sind es kleine Details die unsere Wahrnehmung im Sinne des Regisseurs beeinflussen, denn in Springerstiefeln wäre der Effekt bestimmt nicht so gelungen. Obwohl Callisto im Laufe der Episode gleich wieder Dörfer überfällt und mit Perdicas ein, wenn auch farbloses Familienmitglied meuchelt, reicht die Sympathie die in der Anfangsszene für Callisto erzeugt wird doch aus, um den Schluss der Episode für Xena in einem besonders unangenehmen Licht erscheinen zu lassen.
Denn auch Xena verliert in dieser Episode eine Unschuld, und zwar die des moralisch überlegenen Serienhelden. In späteren Episoden wird das zwar noch deutlicher, doch diese sind zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geschrieben und bislang war Xena bis auf einige Rückblenden in ihre Vergangenheit durchaus moralisch heldenhaft. Im Allgemeinen sollen Serienhelden für uns alle ein Vorbild sein, was in Actionserien, in denen zur Befriedigung der Sensationsgier des Zuschauers in erster Linie effektvoll gekämpft und gestorben wird, nicht so ganz leicht ist. Zur Aufrechterhaltung der Moral des Helden sterben Bösewichter meist nach festgelegten Ritualen. Entweder im wilden Kampf, denn im Krieg ist das nun mal so; oder sie erweisen sich, obwohl schon besiegt, als heimtückisch und werden "in Notwehr" getötet; oder der Held versucht in seiner Güte den Bösewicht vor dem Tod zu bewaren, kann aber trotz aller Bemühungen dessen verdientes Ende nicht verhindern, wie in der Episode X1.19 Menschenopfer. Ein ähnliches Ende wie bei Maell hätte man eigentlich auch bei Callisto erwartet. Es gibt nur wenige Filme in denen die Helden bewusst einen (noch) wehrlosen Bösewicht töten. Meist wenn sich die politische Grundstimmung gegen eine angeblich lasche, liberale Justiz richtet, sehr beliebt in den Muskelmännerfilmen der 80er bei Schwarzenegger, Stallone und besonders Chuck Norris, wie auch in äußerst bedenklicher Weise in Jodie Fosters jüngstem Streifen "The Brave One (2007)". Wer hätte gedacht, dass die Fernsehserie Xena Gut und Böse differenzierter darstellt als es der Intellektuellenliebling Jodie Foster vermag. Es wäre interessant zu wissen, wie ein juristisch gebildeter Zuschauer die Handlung Xenas einschätzt. Es ist nach deutschem Strafrecht wahrscheinlich kein Mord sondern eher ein Totschlag durch "unterlassene Hilfeleistung", wobei die besonderen Umstände wie die Taten und Pläne Callistos vielleicht auch strafmildernd wirken können. Astrein und heldenhaft makellos ist es aber so oder so nicht und beim strahlenden Hercules wäre so eine Szene undenkbar gewesen. Lucy Lawless bezeichnet diese Szene in ihrem DVD Kommentar als Wendepunkt, und tatsächlich erleben wir hier Xena von ihrer wirklich problematischen Seite. Auch Xenas Gesichtsausdruck zeigt, dass sie sich dessen bewusst ist und mit einem weiteren schweren Makel leben muss. Fragt sich nur, warum sie Callisto nicht gerettet hat. Vielleicht hätte es irgendwo ein ansprechenderes Gefängnis als die Hannibal Zelle gegeben. Die einfachste Erklärung ist wahrscheinlich, dass sie es, wie schon in X2.02 Kampf gegen das Schicksal für Gabrielle getan hat, denn nur so lässt sich zumindest deren Blutunschuld noch eine Staffel retten. Trotzdem sind unsere beiden Heldinnen moralisch so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass wir Callisto zumindest einen Teilsieg zugestehen müssen. So einfach wird das mit der Verteilung von Schuld und Unschuld nun nicht mehr sein.
~ Bildkommentar ~
Was ist nun das schlimmste an dieser Haftanstalt? Der unbequeme Stuhl, die Verpflegung, oder der Koch, der auch noch handgreiflich wird, wenn man seinen Mampf korrekt als Fraß bezeichnet.
Schöne Beine und ein schöner irrer Blick. Besser man bewundert Callisto nur aus seinem sicheren Fernsehsessel.
Perdicas lässt sich nach 16 Folgen wieder sehen und ahnt wahrscheinlich schon, dass dies sein letzter Auftritt sein wird. Joxer beschützt die Kleinen, die allerdings weniger Angst vor Callisto haben als er selbst. Trotzdem wird Joxer der Held der Episode sein.
Verschrecktes Kind und das Bilderrahmen-Chakram kennen wir schon aus X1.22 Die Furie. Etwas Wiederholung darf aber ruhig sein.
So schnell kann's gehen. Da sitzen sie noch gemütlich am Feuer und schon stehen sie vor dem Traualtar. Aus Sparsamkeitsgründen hat man auf den Altar verzichtet, ebenso auf die Büffet-Heuschrecken, auch "Freunde und Bekannte" genannt. Und der "Pfarrer" weiß wahrscheinlich nicht mal welcher Konfession er angehört. Trotzdem hätten sie dem Anlass entsprechend wenigsten den Boden fegen lassen können.
Ist das nun ein Kuss auf den Mund oder die Backe? Die Fans sind gespalten. Klar ist nur, dass es nun an Xena ist, mit dem Unkraut den Boden zu fegen.
Das erste Mal hin oder her, wie kann jemand nur auf die Idee kommen den Partner gerade in diesem Moment nach seinen Vorgängerinnen-Liebschaften zu fragen. Und wenn der arme Perdicas betreten schaut ist Gabrielle auch noch beleidigt! Dabei hat sie ihn in der ersten Episode sitzen gelassen und sich seit Troja durch die Weltgeschichte geflirtet. Der arme Mann tut einem jetzt schon Leid.
Der Zuschauer hat das Schicksal Perdicas' schon geahnt, denn geheiratet wird in Fernsehserien immer am Ende der Staffel und mit mindestens fünf Episoden Vorankündigung. Trotzdem hätte er einen besseren Abgang verdient als nebenbei im Schilf abgestochen zu werden. Dafür gibt's wieder eine schöne Feuerbestattung, wenn diesmal auch aus Kostengründen ohne "Pfarrer".
Das therapeutische Baumschlagen aus X1.21 Einer für Alle gibt es hier in verschärfter Form. Langsam nehmen nicht nur die Wälder um Gabrielle herum Schaden, sondern auch sie selbst.
Xena und Joxer ahnen Schlimmes und tatsächlich geht Racheengel Gabrielle zu Callisto. Doch ihr gutes Gewissen siegt, wobei sie sich des guten Gewissens besser vor dem Betreten der Säuferhöhle des Bacchus erinnert hätte...
...so landet sie auf dem Scheiterhaufen, wobei keiner bedenkt, dass offene Feuer in Innenräumen sich ungünstig auf dass Raumklima auswirken können. Ungünstig für Joxer ist auch, dass der Pfeil ausgerechnet die Stelle trifft, vor der er kein Metal rumhängen hat. Allerdings wäre etwas weiter rechts oben noch schlimmer gewesen.
Die Gespanne warten schon ungeduldig und dann geht's los mit dem "Chariot Race". Reichlich unmotivierte Szene aber doch ganz ansehnlich.
Callisto möchte gerettet werden, doch Xena lässt sie versinken. So bleibt Callisto zwar der Gefängnisfraß erspart, trotzdem ist das nicht gerade heldenhaft. Fast klar dass dies ein Nachspiel haben wird.
Joxer hat den Tag gerettet. Zwar nur indirekt, jedoch würden ohne ihn unsere Heldinnen nicht so traurig versonnen in den Abendhimmel blicken können.
~ Trivia ~
- Ursprünglich soll Xena tatsächlich einen Rettungsversuch für Callisto unternehmen. Die Entscheidung für die Endversion fiel erst sehr spät in der Endbearbeitung der Episode, auch im Hinblick auf die Änderungen, die wegen Lucy Lawless' Unfall gemacht werden mussten (siehe dazu Kommentar zu X2.08 Die Schliche des Sisyphus).
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Widmung
This episode is dedicated to the memory of Michelle Calvert...
we're thinking of you.
Diese Episode ist der Erinnerung an Michelle Calvert gewidmet...
wir denken an dich.
Michelle Calvert war Hudson Leicks Stunt Double in der ersten Callisto Episode X1.22 Die Furie. Sie verstarb kurz nach den Dreharbeiten bei einem Bootsunfall. Sie war erst Ende 20 und im Filmteam sehr geschätzt. Laut Regisseur T.J. Scott galt der Schlussdialog, in der des toten Perdicas gedacht wird, auch ihrer Erinnerung.