DIE SERIE > Episodenguide > Staffel 2 > 2.11 Wir präsentieren... Miss Amphipolis

2.11 Wir präsentieren... Miss Amphipolis

Here she comes... Miss Amphipolis

folge211

~ Besetzung ~

Lucy Lawless (Xena)
Renee O'Connor (Gabrielle)
Karen Dior aka Geoff Gann (Miss Artiphys)
Robert Trebor (Salmoneus)
John Sumner (Lord Clairon)
Calvin Tuteao (Doge von Messini)
Simone Kessell (Miss Messini)
Stan Wolfgramm (Paladin von Parnassus)
Jennifer Rucker (Miss Parnassus)
Timothy Lee (Regent von Skiros)
Katherine Kennard (Miss Skiros)
Brenda Kendall (Ankleidedame)

Stab:
Drehbuch: Chris Manheim
Musik: Joseph LoDuca
Schnitt: Peter Allan Fields
Regie: Marina Sargenti

Erstausstrahlung:
USA 20.01.97
DEU 04.01.98

~ Zusammenfassung ~

Xena und Gabrielle erfahren von Salmoneus, dass ehemals verfeindete Herrscher einen Schönheitswettbewerb planen, um den Jahrestag ihrer Friedensschließung zu feiern. Der Wettbewerb findet auf neutralem Boden statt. Jemand versucht jedoch, das Ganze zu boykottieren, versucht, die teilnehmenden Frauen zu verletzen und zu töten. Die Stimmung ist bereits so angespannt, dass ein neuer Krieg auszubrechen droht. Xena willigt ein, als Teilnehmerin an dem Schönheitswettbewerb - als Miss Amphipolis - under cover zu ermitteln. Gabrielle ist als ihre Sponsorin "Die Marquessa" dabei. Kaum dort angekommen, wird Xena gleich Opfer eines Anschlags - jemand sperrt sie in der Dampfsauna ein. Natürlich befreit sie sich und gelangt gerade noch rechtzeitig - mit blonder Perücke und güldenem Kleid - auf den Laufsteg. Später findet sie heraus, dass eine gewisse Miss Artiphys diejenige war, die sie eingesperrt hat. Sie stellt sie zur Rede und muss zu ihrer Überraschung feststellen, dass diese Miss ein Mister ist, der sich bei diesem Wettbewerb selbstverwirklichen will und Xena nur attackiert hat, weil er fürchtete, sie habe ihn durchschaut und würde ihn verraten. Xena tut jedoch nichts dergleichen. Miss Artiphys erweist sich später als Verbündete, die Xena hilft, ihre Tarnung aufrechtzuerhalten. Die Kette der Anschläge auf die jungen Frauen reißt nicht ab, doch Xena vereitelt gekonnt alle Anschläge. Schließlich unterläuft dem Attentäter jedoch ein Fehler, der Xena nicht entgeht. Sie schlägt daraufhin alle anwesenden Regenten bewusstlos und versteckt sie gefesselt unter einem Tisch. Dann konfrontiert sie den "neutralen" Regenten mit dem Vorwurf, er wolle einen neuen Krieg schüren, um als Waffenlieferant viel Geld zu verdienen, und verübe daher die Anschläge auf die anwesenden Ladies. Er gibt es zu, fühlt sich sicher, weil er glaubt, eine harmlose Schönheitskönigin vor sich zu haben... die Überraschung ist groß, als das "dumme Blondchen" ihn k.o. schlägt! Die anderen Herrscher haben alles mitgehört, der Frieden ist wieder hergestellt - und Miss Artiphys wird zur neuen "Miss Known World" gekürt, nachdem alle anderen Frauen sich aus dem für sie entwürdigenden Wettbewerb zurückgezogen haben.

~ Übersetzung Titel & Disclaimer ~

Here she comes... Miss Amphipolis - Hier kommt sie... Miss Amphipolis

Bezieht sich auf die gängige Ansage bei dem Miss America Pageant.

Disclaimer

No ribbons were harmed during the production of this motion picture. However, several experienced severe motion sickness.

Keine Bänder wurden während der Produktion dieses Films beschädigt. Jedoch litten einige an einer ernsthaften Reisekrankheit.

Das Band ist ein Handgerät in der Rhythmischen Sportgymnastik, dort allerdings ca. 6m lang. In dieser Episode wird eine kurze Variante von "Miss" Artiphys verwendet. Die bunten Bänder in Regenbogenfarben sind ein Erkennungszeichen der Schwulenbewegung (Gay Pride).

Die Reisekrankheit (Kinetose) ist eine durch ungewohnte Bewegungen ausgelöste Störung des Gleichgewichtssinns, z.B. auf Schiffen (Seekrankheit), in Flugzeugen, Bussen oder Zügen mit Neigetechnik. Die Symptome sind Schwindel und Übelkeit.

~ Kommentar ~

1. Schönes Zitat
Jüngste Umfragen haben gezeigt, dass ein Fünftel der Amerikaner die USA nicht auf einer Weltkarte finden können. Was ist ihrer Meinung nach die Ursache dafür?
Ich persönlich glaube, dass US-Amerikaner dies nicht können, weil einige Leute in unserem Land keine Karten haben, und ich glaube dass unsere Ausbildung, wie die in Südafrika, und dem Irak, überall wie so zum Beispiel, und ich meine sie sollten, unser Bildungswesen hier in den USA sollte den USA helfen, sollte Südafrika helfen, es sollte dem Irak helfen und den asiatischen Ländern, so dass wir unsere Zukunft aufbauen können, für uns.
Antwort der Miss Teen South Carolina bei der Vorstellungsrunde zur Wahl der Miss Teen USA 2007. (Bis heute wurde das YouTube Video von über 22 Millionen Besuchern gesehen).
2. Schöne Wettbewerbe
In der antiken Mythologie gibt es nur einen bekannten Schönheitswettbewerb. Als Eris, die Göttin der Zwietracht (das wäre bei Xena Discord) nicht zur Hochzeit von Peleus und Thetis eingeladen wird, wirft sie einen Apfel mit der Aufschrift "für die Schönste" in die Götterrunde. Hera, Athene und Aphrodite streiten sich um den Apfel. Daher kommt der Ausdruck Zankapfel. Zeus, schlau wie er ist, entscheidet nicht selbst, sondern legt die Entscheidung in die Hand von Paris. Jede der Göttinnen versuch ihn zu bestechen, Hera mit Macht, Athene mit Weisheit und Aphrodite mit der Liebe der schönen Helena. Die Schönheit siegt und Paris gibt den Apfel der Aphrodite. Leider ist Helena schon verheiratet und der "Raub der Helena" führt dann zum trojanischen Krieg. Vielleicht hatten die Menschen nach diesen Ereignissen für zweitausend Jahre genug von Schönheitswettbewerben, denn abgesehen von ein paar mittelalterlichen Mai-Königinnen sind die Miss Wahlen mit dem ganzen Brimborium eine Erfindung der Neuzeit.
Einer der ersten Wettbewerbe fand 1880 in den USA statt, 1888 folgte dann ein Wettbewerb im belgischen Spa, aus Sittlichkeitsgründen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. 1909 gab es die erste Misswahl zur Miss Universum in Deutschland. Dann war erstmal Pause. In Atlantic City in den USA entstand 1922 mit der Miss America der Prototyp aller Miss Wahlen. Zuerst noch bescheiden als Badeanzug Wettbewerb im Rahmen einer Tourismuswoche. Hier müssen wir noch die sprachlichen Feinheiten erklären, über die sich Xena und Salmoneus in der Anfangsszene streiten. Es heißt im Amerikanischen nämlich nicht Beauty Contest (= Schönheitswettbewerb) sondern Beauty Pageant (=Schönheitsaufführung). Pageant kommt aus dem mittelenglischen und war eine Bezeichnung für einen öffentlichen Umzug mit Theateraufführung, bei dem historische und religiöse Stoffe gespielt wurden. Sprachlich gesehen eine Ironie ist, dass die frühen Frauenrechtlerinnen, die Suffragetten, Pageants aufführten, in denen berühmte Frauen der Geschichte dargestellt wurden.
Nach und nach wurden die Veranstaltungen in den USA größer und bedeutender. 1935 kam die "Talent Competition" hinzu, bei der sich die Teilnehmerinnen musisch beweisen mussten. Diesen Teil sieht man auch in der Xena Episode. 1948 wurde die erste Miss nicht mehr im Badeanzug, sondern im Abendkleid gekürt. Einen Höhepunkt der Beliebtheit erreichten die Wettbewerbe mit der ersten Fernsehübertragung 1954. Bert Parks moderiert die Show zwischen 1955 und 1979 und führte ein Titellied ein, auf das auch der Xena Episodentitel anspielt. Für die Gewinnern sang er "Here she is, Miss America". Die Miss America Wahl mit ihren absonderlichen Ritualen und perfekten Inszenierungen war über Jahrzehnte einer der nationalen Fernsehhöhepunkt des Jahres. In den 80er ebbte das Interesse langsam ab, auch durch die zunehmende Kritik. 2004 kam dann der endgültige Niedergang, als die einstmals bedeutsame Show aufgrund massiven Quotenschwunds in den Country Kanal abgeschoben wurde. Jedoch ist es immer noch eine bedeutende Miss Wahl und der Veranstalter, die gemeinnützige Miss America Organization, ist einer der größten Stipendiengebern für junge Frauen im privaten US Bildungsbereich.
In Deutschland hatten die Miss Wahlen nur eine relativ kurze Blütezeit. Die erste Wahl zur Miss Germany fand 1927 statt und in der Weimarer Republik war die Begeisterung sehr groß. Die Nazis verboten dann den Wettbewerb. Ebenso war er über Jahrzehnte in der DDR verboten. In der Bundesrepublik ging es 1950 wieder los mit der Miss Germany Susanne Erichsen, die gleich das erste deutsche Topmodel wurde. Als sie nach ihrem Sieg durch die USA tourte, waren die Amerikaner so von ihr beeindruckt, dass sie in den US Zeitungen als "Fräuleinwunder" bezeichnet wurde. Anfang der sechziger ging der langjährige Sponsor der Miss Germany Wahl, der Strumpfhersteller Opal in Konkurs und damit begann der langsame Niedergang der Misswahlen, bis Anfang der siebziger das völlige Aus für den Veranstalter kam. Danach herrschte ein ziemliches Durcheinander, weil verschiedene Organisationen die Wahl ausrichteten, da der Titel nicht geschützt war. So gab es eine zeitlang mehrere Miss Germanys pro Jahr. Erst im Jahr 2000 sicherte sich die MGC (Miss Germany Corporation) die Namensrechte und richtet seither den Miss Germany Wettbewerb aus. Im Jahr 2000 veranstaltet das Haus der Geschichte in Bonn eine Ausstellung zu dem Thema: "Miss Germany - eine schöne Geschichte" aus der auch viele Infos für unseren Kommentar stammen. Inzwischen kann man fast eine kleine Renaissance erkennen, was vielleicht auch eine Folge der Globalisierung ist, da wir mit Nationen in engeren Kontakt kommen, die verrückt nach Schönheitswettbewerben sind, wie die in Lateinamerika und Nationen die Schönheitswettbewerbe verbieten, wie in einigen religiös begründeten Autokratien. So wird der Wettbewerb für einige auch, wie einst in der Weimarer Republik, Ausdruck eines freien städtischen Lebensgefühls. Zur Vorbildfunktion eines national verbindlichen Schönheitsideals aber taugen die Wettbewerbe schon lange nicht mehr. Man muss deshalb bei der Episode bedenken, dass sich die Xena Parodie ganz auf den Miss America Wettbewerb der neunziger Jahre und seine konservativ rituelle Ausrichtung bezieht.
3. Schöne Gesichter
211_bild1_missamerica
Die Miss America im Laufe der Zeit, von links nach rechts:
  1. 1921. Margaret Gorman (geb. 1905, gest. 1995). Das Bild zeigt ihr Bewerbungsphoto für den Wettbewerb. Die 16jährige wurde die erste Miss America in dem Atlantic City Pageant. Als Preis gab es für die Badenixe die "Golden Mermaid" Trophäe. Sie versuchte noch einige Male den Titel wiederzugewinnen, ehe sie sich ganz ihrem Privatleben widmete.
  2. 1945. Bess Myerson (geb. 1924). Die erste und bislang einzige jüdische Miss America. Sie wurde später Verbraucherschutzministerin in New York. 1980 kandidierte sie für die Demokraten im US Senat, verlor die Nominierungswahl aber knapp. Sie blieb aber weiterhin politisch aktiv.
  3. 1984: Vanessa L. Williams (geb. 1963). Sie war die erste Afroamerikanische Miss America. Zum ersten Mal bekam eine Miss America rassistische Hassmails und Todesdrohung. In den Kreisen einiger Afroamerikaner wurde diskutiert ob sie mit ihrer relativ hellen Hautfarbe wirklich als "schwarz" gelten kann. Aufgrund von einigen (aus heutiger Sicht harmlosen) Nacktphotos musste sie ihre Krone zurückgeben, die dann an die zweitplatzierte Suzette Charles ging, ebenfalls eine Afroamerikanerin. Vanessa L. Williams ist später als erfolgreiche Sängerin und Schauspielerin bekannt geworden und gewann zahlreiche Preise. Übrigens ist sie nicht zu verwechseln mit der Vanessa A. Williams aus der Serie Melrose Place.
  4. 1997: Tara Dawn Holland (geb. 1972). Das Jahr der Xena Episode. Nach ihrer Misswahl heiratete sie den ehemaligen Kongressabgeordneten Jon Lynn Christensen. Tara Dawn Davidson ist extrem christlich religiös geprägt und hat sich immer wieder für die Enthaltsamkeit ausgesprochen. Darüber gibt es auch ein Lied von ihr ("I Saved Myself for You"). Außerdem ist sie eine entschiedene Abtreibungsgegnerin. Was sie von der Xena Episode hält wissen wir nicht.
  5. 2008: Kirsten Haglund (geb. 1988). Gerade gekürt ist sie die amtierende Miss America. In dem Talentwettbewerb sang sie die Arie der Adele aus der Operette Die Fledermaus. Ihr soziales Thema ist die Förderung des öffentlichen Bewusstseins für das Problem der Essstörungen. Irgendwas zu sozialen Themen muss man zwangsweise auf solchen Veranstaltungen von sich geben und sei es noch so ein Quatsch.

211_bild2_missgermany
Die Miss Germany im Laufe der Zeit, von links nach rechts:
  1. 1909: Gertrud Siegmund. Die allererste deutsche Miss, wenn auch Miss Universum und nicht Miss Germany, denn den Titel gab es noch nicht. Sie machte als Model und Sängerin Karriere und war ein beliebtes "Motiv" von Feldpostkarten im ersten Weltkrieg.
  2. 1927: Hildegard Quandt (geb. 1906, gest.?). Sie war die erste richtige Miss Germany und der Titel war der Start einer erfolgreichen Modelkarriere. Für eine Abend-Modenschau bekam sie mehr Geld als der Durchschnittsarbeiter in einem Monat verdiente. Das kennen wir auch heute noch.
  3. 1950: Susanne Erichsen (geb. 1925, gest. 2002). Sie war das erste deutsche Topmodel. Sie reiste als "Botschafterin der deutschen Mode" in die USA und prägten den Begriff "Fräuleinwunder". In ihrer Autobiographie "Ein Nerz und eine Krone" schildert sie ihr bewegtes Leben.
  4. 1997: Das Jahr der Xena Episode bescherte uns zwei Miss Germanys der konkurrierenden Gesellschaften MGC und MGA. Nadine Schmidt (MGA) ist etwas bekannter, besonders durch ihre Schmuckkollektion und ihre Zeit in der Formel 1, wobei wir hier das Wort "Edel-Boxenluder" vermeiden wollen. Da aber inzwischen nur noch die Miss Germany Corporation (MGC) die Wahl ausrichtet, zeigen wir hier Sabrina Paradies. Was die Dame macht weiß keiner, außer dass sie angeblich 1998 in der RTL Exklusiv Reportage: Sauna-Report zu sehen war. Positiv anmerken wollen wir, dass uns eine Gesangsnummer wie die der Miss America 1997 in Deutschland erspart geblieben ist.
  5. 2008: Kim-Valerie Voigt (geb. 1989). Die amtierende Miss Germany. Nicht zu verwechseln mit der amtierenden Misses Germany oder der Miss Deutschland. Hier zu sehen in der traditionellen Badeanzugparade. Na dann mal herzlichen Glückwunsch.

211_bild3_missxena
Die Kandidatinnen der Episode:
  1. Simone Kessell (geb. 1975). Sie ist eine neuseeländische Schauspielerin und trat hauptsächlich in kleineren Rollen in verschiedenen Fernsehserien auf, neben Hercules und Xena auch in Farscape und CSI:Miami.
  2. Jennifer Rucker. Über sie ist fast gar nicht bekannt. Ihre einzige bekanntere Filmrolle war die Pam in Bogeyman (2005).
  3. Lucy Lawless (geb. 1968). Sie gewann 1989 die Wahl zur Miss New Zealand. Den Rest kennen wir ja alle.
  4. Karen Dior aka Geoff Gann (geb. 1967, gest. 2004). Er war ein Star des Gay-Pornofilms und wirkte in zahlreichen Produktionen vor und hinter der Kamera mit. Neben den männlichen Rollen trat er als Transvestit bzw. Transsexueller auf und wurde als "eine der schönsten Frauen Hollywoods" bezeichnet. Darauf spielt auch Gabrielle im Schlussdialog der Episode an. In seiner Autobiographie "Sleeping under the Stars" beschrieb Geoffrey Karen Dior seine zahlreichen erotischen Eskapaden. Er starb 2004 an den Folgen einer AIDS Erkrankung (siehe auch Trivia).
  5. Katherine Kennard. Auch über diese neuseeländische Schauspielerin ist als Person wenig veröffentlicht. In Neuseeland ist sie am bekanntesten geworden durch ihre Rolle der Joni Collins in der neuseeländischen Anwaltsserie "Street Legal (2000-2003)" in der sie zusammen mit Jay Laga'aia (bei Xena als Draco bekannt) mitwirkte.
4. Schöne Kritik
Seit es Schönheitswettbewerbe gibt, gibt es auch Kritik an ihnen. Teilweise in einer Schärfe und Intensität geführt, dass man sich fragen muss, ob der Gegenstand wirklich die Aufregung wert ist. Die erste Kritik kommt aus der Veranstaltung selbst. Schiebereien, Manipulationen, geschicktes oder ungeschicktes umgehen der Statuten, Königinnen denen der Titel erst zu und dann wieder aberkannt wird und so weiter. Also genau wie bei jedem Sportwettbewerb oder im politischen und wirtschaftlichen Alltag. Immer wieder in der berechtigten Kritik die Auswüchse wie Kinderwettbewerbe, ebenfalls vergleichbar dem Sportlerwahn. Dann die Kritik an der Idee eines Schönheitswettbewerbs an sich. Schon die ersten Wettbewerbe wollten in den USA Kongressabgeordneten verbieten lassen, da die Frauen sich nicht um ihre Schönheit, sondern um ihr Heim kümmern sollten. Christliche Vereinigungen sahen unabsehbare Gefahren für die Sittlichkeit junger Frauen und die Moral der Bevölkerung. Bei uns verboten die Nazis Schönheitswettbewerbe, die für sie die Dekadenz der demokratischen Weimarer Republik verkörperten. Dazu zitieren wir die Berliner Illustrierte Zeitung von 1933:
"Es geht einem merkwürdig, wenn man diese Mädchengesichter betrachtet: Man kann ihre Herkunft, ihre Heimat, ihr Volkstum nicht bestimmen...Das ist kein Zufall: denn diese glatten, gepflegten, ,mondänen’ Köpfe sind nicht aus den breiten Schichten eines Volkes emporgehoben, sondern gewöhnlich aus den Zirkeln eines großstädtischen Vergnügungsbetriebes, der nicht nur in Europa zur Entpersönlichung und Gleichmacherei der Menschen geführt hat. Mit dem volkstümlichen Küren von ländlichen Ernte- und Sommerköniginnen haben die ,Wahlen’ der Schönheitsköniginnen nichts mehr gemein und man kann es begrüßen, daß Deutschland in Zukunft dieser ,Miß’-Wirtschaft den Rücken kehren will."
Hmmh, sollen wir jetzt auf Ähnlichkeiten mit modernen Meinungen hinweisen? Nach dem Krieg blieben in der (frühen) DDR die Wettbewerbe ebenfalls verboten, diesmal nicht weil das ländliche Volkstum so schwer erkennbar war, sondern da die Wahl eine "Erniedrigung und Ausbeutung der Frau durch den Kapitalismus" war. Na das kennen wir doch auch schon woher. Die lange Liste der religiös motivierten Aufregungen der letzten Jahre lassen wir mal weg, denn wir sind noch nicht mal bei den Feministinnen angekommen und schon jetzt sehen wir die Schönheitsköniginnen im Kreuzfeuer von Moralaposteln, Diktaturen und religiösen Autokratien. Offenbar sucht sich jeder gern das Feinbild, das er gerade braucht, und eine Befreiung der Frau scheint für manche darin zu bestehen, dass man ein dogmatisches System gleich durch ein anderes ersetzt, ohne die Betroffenen zu fragen was sie den gerne möchten.
Die feministische Kritik an der Fleischbeschau erreichte einen ersten Höhepunkt 1968 in den USA, als ca. 200 Mitglieder der Woman's Liberation Front bei der Miss America Wahl in Atlanta protestierten. Sie verbrannten BHs, warfen Kosmetikartikel in eine "Freiheits-Mülltonne", sangen Anti-Wettbewerbs Lieder und krönten eine lebendes Schaf. In Deutschland protestierten Feministinnen 1973 bei einem Schönheitswettbewerb in Frankfurt, indem sie Schweinshaxen auf die Jury warfen und Flugblätter mit dem Slogan "Ihr verkauft hier unser Knie wie der Bauer ein Stück Vieh" verteilten. Abgesehen davon, dass wir das mit dem Schaf kreativer finden, müssen wir hier anmerken, dass Feministinnen manchmal ziemlich unhöflich sind.
Das Schönheitswettbewerbe nur aufs Äußere der Frau achten ist eigentlich naheliegend, denn deshalb heißen sie ja Schönheitswettbewerbe. Damit sind die inneren Werte dort genauso unerheblich wie auch sonst im Alltag. Im Kaufhaus sind wir nur zahlende Konsumenten, beim Friseur ein wandelnder Haarschopf und der Zahnarzt sieht in uns zuallererst das lukrativ sanierbare Gebiss. Unsere seelischen Innereien sind eigentlich mehr was für Familie und Freunde. Schönheitswettbewerbe werden sogar besonders peinlich, wenn sie versuchen mehr aus ihren Schönheiten zu machen als eben schön zu sein. Das sieht man an den ganzen Talentwettbewerben und Fragerunden.
Dazu verweisen wir auf unser schönes "they don't have maps" Zitat am Anfang. Denn das alberne ist gar nicht so sehr die ungelenke Antwort unserer publikumsnervösen Miss, sondern die Frage selbst. Warum muss sich eine Schönheitskönigin zu einer zweifelhaften Statistik des nationalen Bildungswesens äußern? Das wäre eher eine Frage für das Bildungsministerium. Was soll sie sonst noch machen? Das Rentensystem reformieren oder einige wichtige Beiträge zu noch ungelösten Problemen der Quantenphysik liefern? Bei einer Schönheitskönigin würde uns eher interessieren wie sie diesen Glanz in ihr Haar bringt. Und ob sich das perfekte Make-up für die beruftätige Frau von heute auch in fünf Minuten erreichen lässt. Oder eine Frage die der späteren Gewinnerin Miss Teen Colorado gestellt wurde: "Wen finden sie am besten: Lindsay Lohan, Nicole Richie, oder Paris Hilton? Da wäre ich mit meiner Unkenntnis dieser Damen ziemlich ins Straucheln gekommen.
Schönheitswettbewerbe muss man nicht anschauen, man muss auch nicht hingehen, viel zu meckern gibt es aber auch nicht, denn es gibt andere Dinge in der Welt die sich für Aufregungen viel eher eignen. Wer nicht will der soll nicht müssen und wer will der sollte dürfen. Vielleicht würde man ohne sie nicht nur weniger zu lachen haben, sondern noch mehr verlieren. Denn ein Blick in unsere Geschichte zeigt - ist es mit den Schönheitswettbewerben erst vorbei, dann bleibt von den bürgerlichen Freiheiten bald auch nichts mehr.
5. Schöne Heldinnen
Die Xena Episode hat keine hohe Meinung von Schönheitswettbewerben. Drei der Frauen sind unfreiwillig dabei, Miss Messini weil ihr Freund es will, Miss Parnassus, weil sie zur Nahrungsversorgung ihres Dorfes beitragen möchte und Miss Skiros will einfach nur weg aus dem Elend. Xena ist zwangsweise undercover und nur der Transvestit Miss Artiphys sieht durch eine Wahl seine weibliche Identität bestätigt. Alle Miss Namen sind übrigens aus griechischen Örtlichkeiten abgeleitet, nur Miss Artiphys ist ein Wortspiel mit dem englischen "artifice", was soviel wie List oder Kunstgriff bedeutet. Zwischen Xena und Miss Artiphys gibt es Ähnlichkeiten, denn beide sind quasi in einer Verkleidung da. Das wird auch deutlich wenn beide ihre Perücke abnehmen. Die Darstellung ist natürlich etwas tendenziös, denn die anderen Kandidatinnen, die vielleicht gerne dabei sind, kommen erst gar nicht zu Wort. Dafür nutzt die Episode die Attribute der Schönheitswettbewerbe ausgiebig um uns die Folge visuell schmackhaft zu machen. Xena präsentiert sich (fast) nackt, ihre Beine sind immer gut inszeniert im Bild, und die Dekoration gehört zu den prächtigsten aller Episoden dieser Staffel. Da wundert es nicht, dass Gabrielle Gefallen an ihrer Sponsorenrolle findet und gerne Xena siegen sehen möchte ("Miss A alle the way"). Wir unterstützen natürlich die Botschaft, dass Frauen nicht zu Wettbewerben gezwungen werden und dass auch Transsexuelle ein Recht auf ihre Identität haben, und der Kuss zwischen Xena und dem damals schon HIV positiven Geoff Gann ist eine äußerst mutige Geste und wäre es auch heute noch. Die ganze Parodie wirkt aber eher beim US Zuschauer, denn während sich das wertkonservative Miss America Publikum damit noch schockieren lässt, macht man sich bei uns weder aus Miss Wettbewerben so übermäßig viel, noch sind Transvestiten ein Thema für längliche Toleranzdiskussionen. Das wirkt manchmal etwas arg bemüht. Überhaupt, so ganz glaubhaft wirkt die Anti-Wettbewerbshaltung nicht, wenn sie aus dem Mund von Schönheiten kommt die sich um ihr Aussehen keine großen Sorgen machen müssen und deren perfekt strahlende Zähne mit Sicherheit nicht natürlichen Ursprungs sind. Wer Schauspieler werden will muss halt auf sein Äußeres achten, dass weiß unsere Ex-Miss New Zealand Lucy Lawless auch. Auch die Kandidatinnen nehmen die Sache ganz freiwillig sehr ernst. Während der Episode schaut Miss Skiros sehr gefallsüchtig auf ihren Regenten und Miss Parnassus wird ziemlich eifersüchtig, wenn sich ihr Graf an Xena heranmacht. Da kommt der Meinungsumschwung etwas unvermittelt. Die drei Kandidatinnen werden in der Episode als etwas dümmlich dargestellt, wenn sie erst eine Xena brauchen um zu der elementaren Einsicht zu gelangen, dass man auch ohne Krone glücklich werden kann. Bislang waren die Frauen in Xena und Hercules immer ziemlich clever. Hier hat man den Eindruck sie werden bewusst mit naivem Gemüt ausgestattet, damit man einen Grund hat sie aus ihrem Los zu befreien und so die feministische Botschaft an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Besonders das Schlusswort von Miss Parnassus, indem sie verkündet zukünftig als Erntehelferin zu arbeiten, wirkt hochgradig albern. Denn bekanntlich spielt Xena in einer Agrargesellschaft und dass die Landbevölkerung erst auf die Erleuchtung ihre Dorfschönheit warten muss, eh sie weiß wie man Getreide anbaut, ist wenig überzeugend. Dadurch wird auch die bis dahin nette Parodie des Miss America Gehabes zu einer sehr verkrampften Angelegenheit. Trotzdem, die Folge ist alles in allem nicht schlecht gemacht und als Miss America Parodie und Spiel mit Geschlechterrollen durchaus sehenswert.
Wir möchten hier erwähnen, dass die Episode sehr starke Ähnlichkeiten mit der Wonder Woman Episode "Beauty on Parade (1976)" hat. Dazu gehört die undercover Superheldin, der witzige Moderator, die Sabotage der Bühnendekoration und anderes. Da Wonder Woman bei uns nur einmal Anfang der 90er Jahre bei RTL lief und den meisten Forumslesern unbekannt sein wird, haben wir eine Zusammenfassung verfasst, die sich ganz am Ende der Seite befindet.
Die Wonder Woman Episode hat ebenfalls satirische Aspekte, wenn auch viel hintergründiger verpackt als bei Xena. Am Ende kriegt Wonder Woman die Bösewichte und gewinnt (natürlich) den Wettbewerb. Sie schafft sozusagen beides und beweist damit einen erheblich souveräneren Umgang mit dem Thema als Xena. Am Ende verteilt sie ihre Blumen an die anderen Damen und beendet damit den weiblichen Konkurrenzkampf. So kann man es dann auch machen.

~ Bildkommentar ~

211_bild1
Das kenne die Älteren aus der Werbung: Amarug? Nanuk? --- Audi...quattro!
211_bild2
Während Gabrielle offenbar etwas mehr im Kleiderschrank hat, scheint Xena tatsächlich nur ihren Lederdress zu besitzen. Deshalb bleibt ihr nur übrig die Großinquisitor-Kapuze überzuziehen. Dabei hätte Salmoneus bestimmt was zu verkaufen gehabt. Andererseits, je weniger man (an)hat, desto besser für zukünftige Schönheitsköniginnen (und die Zuschauer).
211_bild3
Salmoneus in seinem Element und wir müssen sagen, in den prachtvollen Saal wären wir auch gerne gekommen. Oder mal nach Las Vegas fliegen, da soll es ähnlich zugehen.
211_bild4
Die Miss in der Parodie. Gabrielle, zuerst noch ablehnend, findet zunehmend Gefallen an der Mäzenatenrolle und will ihr Girlie siegen sehen.
211_bild5
Die Miss America wäre entsetzt. Unter der Perücke kommt ein Mann hervor. So langsam setzt auch beim Zuschauer Verwirrung über die Geschlechterrollen ein.
211_bild6
Einer der Höhepunkte der Episode. Salmoneus singt sein "A Woman's a natural thing" und die Damen stolpern ganz natürlich übereinander.
211_bild7
Der Transvestit nun als Xena. Ist das jetzt Frau Xena oder Mann Xena. Die Verwirrung des Zuschauers steigt und Gabrielle kann auch nicht mehr allen Details folgen.
211_bild8
Der angebliche Anti-Schönheitswettbewerb beglückt uns mit Xenas Rücken und Xenas Beinen. Und einer Parodie weiblicher Handwerkskunst. Was die normale Frau mit Nadel und Faden detailbewusst hinstickt, erledigt Xena kurzerhand mit dem Messer.
211_bild9
Vorbereitung für den Talentwettbewerb. Xena übt sich im Schwerterwirbel, bislang bei Schönheitswettbewerben noch nicht als musische Tätigkeit zugelassen. Miss Messini beklagt sich, dass ihr Freund nur ihr Äußeres sieht. Da sollte sie doch froh sein, denn jeder schwer malochende Mann würde sich bescheuert vorkommen, wenn seine Alte den ganzen Tag harfeklimpernd am paradiesischen Strand sitzt und in der Pause weibliche Identitäts-Schwätzchen hält, während er alleine für den Lebensunterhalt aufkommt.
211_bild10
Der Talentwettbewerb in vollem Gange. Miss Artiphys im Bänderwirbel und Miss Skiros beim Schlangentanz. Vielleicht ist die Schlange nur Ausdruck ihrer vom Patriarchat gequälten Seele die nach Ausbruch aus dem beengend einschränkenden Korbe drängt. Oder sie trötet so hingebungsvoll weil sie doch an dem Wettbewerb Gefallen gefunden hat. Wer weiß das schon, denn wir wissen inzwischen kaum noch wer hier Mann oder Frau ist.
211_bild11
Der Saboteuer hat es auf die arme Miss Skiros abgesehen und den Dachbalken angesägt. Doch Miss Amphipolis rettet ihr Leben und schmeißt gleichzeitig eine Konkurrentin aus dem Rennen. Geradezu meisterhaft gemacht von Xena.
211_bild12
Miss Amphipolis hat den Bösewicht Lord Claron k.o. geschlagen und unter ihrer Perücke kommt Xena hervor, oder etwa ein Mann der wie Xena aussieht? Man traut sich kaum noch hinzuschauen.
211_bild13
Nachdem Miss Amphipolis keine Lust mehr hat, sagen die anderen Kandidatinnen auch ab. Bei der Aufregung macht das auch keinen Spaß mehr. Miss Skiros hat erkannt, dass sie keine Krone sondern nur sich selbst braucht. Für diese fundamentale Erkenntnis zur allgemeinen Sicherung des Lebensunterhalts schlagen wir sie für den nächsten Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften vor. Miss Parnassus hält dagegen eine Lobeshymne auf die Landwirtschaft und wird demnächst Sonderbeauftragte für EU-Agrarsubventionen beim griechischen Bauernverband.
211_bild14
Salmoneus tut einem fast schon leid, doch zum Glück gibt es noch Frauen bzw. Männer, die ihre Weiblichkeit von Schönheitswettbewerben nicht beeinträchtigt fühlen. Da gönnen wir den Sieg dem Mann bzw. der Frau im Mann oder ääh, na jedenfalls bekommt Miss Artiphys die Krone. Unserer Meinung schon allein wegen des Bänderwirbelns verdient.
211_bild15
Jetzt erreicht die Verwirrung des Zuschauers ihren Höhepunkt. Küsst da nun eine Frau eine Frau? Oder ein Mann eine Frau? Oder der Mann in der Frau die Frau? Oder die Frau im Manne den Mann in der Frau? Gabrielle blickt auch nicht mehr durch.
211_bild16
Und der Gewinner ist nun ein...oder eine...oder zwei...??? Puuh, Transsexuelle haben's nicht leicht. Und dem Zuschauer kommen langsam Zweifel, ob er sich seines eigenen Geschlechts sicher sein kann. Hauptsache unsere beiden Heldinnen wissen noch ob sie Männlein oder Weiblein sind und ziehen glücklich in die nächste Episode.

~ Trivia ~