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2.16 Dem die Glocke schlägt

For Him The Bell Tolls

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~ Besetzung ~

Lucy Lawless (Xena)
Renee O'Connor (Gabrielle)
Ted Raimi (Joxer)
Alexandra Tydings (Aphrodite)
Karl Urban (Cupid)
Craig Parker (Sarpedon)
Mandie Gillette (Ileandra)
Craig Walsh-Wrightson (König Lynaeus)
Ross Jolly (König Barus)
Rachale Davies (Aria)
Tai Hadfield (Wache)
Mark Jones (Bote)

Stab:
Drehbuch: Adam Armus und Nora Kay Foster
Musik: Joseph LoDuca
Schnitt: Jim Prior
Regie: Josh Becker

Erstausstrahlung:
USA 24.02.97
DEU 08.02.98

~ Zusammenfassung ~

Xena setzt Gabrielle im Nirgendwo ab, um allein zur Hochzeitszeremonie am Hofe von König Lias (X2.06 Kriegerin... Prinzessin... Vagabundin) zu reiten, auf der sie mit möglichen Schwierigkeiten rechnet. Ein wenig eingeschnappt, einfach "ausgesetzt" worden zu sein, entschließt sich Gabrielle, ihren Urlaub vom Sidekickdasein so gut es geht zu genießen. Viel Zeit bleibt ihr dafür aber nicht, denn alsbald läuft ihr "Tschocka" über den Weg, dessen Ambition es nach wie vor ist, sein Leben als Held zu bestreiten. Da kommt ihm die verlassene Bardin gerade recht. Und so setzen der Möchtegernheld und "sein" frischgebackenes Anhängsel ihre Reise gemeinsam fort. Dass so etwas nicht ganz ohne Komplikationen vonstatten geht, war zu erwarten. Während Joxer, von Gabrielle geschickt abgewimmelt, für Rückendeckung sorgt, erscheint ihm Aphrodite, welche ihn mit dem Klang ihres Zauberglöckchens in einen wirklichen Helden verwandelt, um ihn für ihr egoistisches Komplott einzusetzen: Sie plant, Prinzessin Ileandra und ihren Verlobten, Prinz Sarpedon, zu entzweien, um ihre Tempel, welche die Grenze zwischen den beiden bislang verfeindeten Königreichen markieren, vor dem Abriss zu bewahren. Zu diesem Zweck benötigt sie den tollpatschigen Joxer, der - Aphrodite nun hörig - Ileandra mit seinem neuen Heldenmut, seiner Fechtkunst und seinem unwiderstehlichen Charme bezirzt. Aphrodites Sohn Cupido, welcher die beiden königlichen Turteltauben einst zusammengeführt hatte, ist von dem Vorhaben seiner Mutter entsetzt, doch selbst er vermag nichts gegen die mächtige Göttin der Liebe auszurichten. Also ist es nun an Gabrielle, Joxer von Ileandra fernzuhalten, was kein leichtes Unterfangen ist. Als der galante Held schließlich vom Vater des eifersüchtigen Prinzen arrestiert und zum Tode verurteilt wird, beweist die Bardin, wer hier die wahre Heldin ist - mit Tatkraft und Verstand gelingt es ihr, Aphrodite zu überzeugen, ihren Zauber zu beenden, und rettet auf diese Weise Joxer, die Liebe zwischen Ileandra und Sarpedon und somit den Tag.

~ Übersetzung Titel & Disclaimer ~

For Him The Bell Tolls - Wörtlich: Ihm schlägt die Glocke. Deutsche Entsprechung: Ihm schlägt die Stunde.

Der Titel bezieht sich einmal als Wortspiel auf Ernest Hemingways Roman "For Whom the Bell Tolls (1940)", inhaltlich aber auf eine Zeile im Titellied des Films "The Court Jester (1957)" (Der Hofnarr), indem Dany Kaye in seinem Narrenkostüm singt: "And I 'm the one, as you can see, for whom the bell tolls merrily" (Und ich bin derjenige, wie ihr sehen könnt, für den das Glöckchen fröhlich schlägt). Mit dem Glöckchen sind hier die Schellen gemeint, die als Musikinstrument dienen oder an einer Narrenkappe angebracht sind.

Disclaimer

The producers wish to acknowledge the inspiration of Danny Kaye and pay tribute to the classic motion picture "Court Jester".

Die Produzenten möchten die Inspiration durch Danny Kaye bestätigen und dem Filmklassiker "Der Hofnarr" Anerkennung zollen.

~ Kommentar ~

Frieher saged'se, do war des so, de Kerle dia reißed auf
ond dMädla hogged do, ond wadet bloß, ond schiabed sRöckle nauf
Du moisch, des isch heit andersch? Mir hand jo Emanzipation
Noch guggesch mol rom, ond noch woisches, des isch da reinschde Hohn
de gaile Böck, dia hand a Freindin, de Brave, dia gugged blöd
de oine dia siehsch en dr Disco, de andere dia wixed em Bett
Oinr isch emmer dr Arsch, ond er woiß id mol warom
Oinr bleibt emmer übrig ond koiner schert sich drom
Aus dem Lied "Oinr isch emmer dr Arsch (1981)" der schwäbische Rockgruppe Schwoißfuaß
(Übersetzung auf Anfrage)
1. Schlecht gemacht oder eher unangenehm?
Im Gegensatz zur vorherigen Folge X2.15 Ein harter Tag bekommt diese Folge eher gemischte Kritiken. Das kann einmal daran liegen das Xena nicht bzw. kaum mitspielt. Denn diese Episode ist die letzte der "Notfolgen", die im Zusammenhang mit Lucy Lawless' Unfall gedreht wurde. Außerdem muss man berücksichtigen, dass damals, als die Folge zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, eine Joxer/Gabrielle Paarung zumindest theoretisch noch möglich war. Deutlicher wird das natürlich noch in der letzten Folge der Staffel. Es gab in Fankreise eine zeitlang auch eine "Gabrielle and Joxer Romantics Society", deren Mitglieder, genauso wie ihre Webseiten, sich am Ende dem Xena/Gabrielle Subtext geschlagen geben mussten. Rückblickend betrachtet mag einigen deshalb die Episode wie ein Fremdkörper vorkommen. Dieses Problem haben viele Joxer/Gabrielle Folgen. Trotzdem erklärt das unserer Meinung nach nicht vollständig das allgemeine Unbehagen an der Folge. Es scheint eher daran zu liegen, dass die Story einige unangenehme Einsichten über Liebe, Gesellschaft und unser hormongesteuertes Paarungsverhalten vermittelt, in dem einer immer auf der Strecke bleibt. Außerdem ist es nicht ganz eindeutig, ob Gabrielle, wie oben in der Inhaltsangabe beschrieben, den Tag wirklich gerettet hat oder ob sie ihn mit weiblicher List und Tücke eher zu einem Unhappy Ending geführt hat. Dieses negative Ende, symbolisiert in Joxers einsamem Blick in die grüne Landschaft, wird besonders deutlich, wenn man den Film mit seinen beiden filmischen Inspirationsquellen vergleicht.
2. Filmzitate
Das wäre einmal, wie im Disclaimer erwähnt, die Musicalkomödie " Der Hofnarr (1957)" und zum zweiten der Film "Die Braut des Prinzen (1987)". Vom Hofnarr inspiriert sind z.B. die magische Verwandlung Narr/Held, einige Kampfszenen, die Szene mit dem Taschentuch, ein singender Held und Wortspiele wie Aphrodites "a vase from thrace" (eine Vase aus Thrakien), welches ein kleine Referenz ist an Danny Kayes "the flagon with the dragon" (der Krug mit dem Drachen).
Direkt aus "Die Braut" ist der Handwechsel des Schwerts, sowie Joxers "as you wish" (wie ihr wünscht), nachdem er Gabrielle geküsst hat. Denn in dem Film erklärt der Erzähler "as you wish" bedeutet "I love you". Obwohl beide Filme stilistisch völlig unterschiedlich sind, werfen beide einen witzigen Blick auf stereotype Märchengeschichten. Während der Hofnarr eher slapstickhaft ist, bedient sich "Die Braut" ironischer Brechungen, die teilweise sehr subtil gemacht sind. In beiden Filmen gibt es natürlich ein schönes Happyend.
Als drittes Vorbild wollen wir noch die Serie Hercules erwähnen. Denn eine ganz ähnliche Story gab es beim ersten Auftritt Alexandra Tydings als Aphrodite in der Hercules-Episode H2.17 Der goldene Apfel. Dort war es Aphrodites Apfel, der für Liebeswirren sorgte, und es war Iolaus der damit dem Paar Epius und Thera mächtige Beziehungsprobleme verursachte. Beiden Episoden gemeinsam ist auch, dass die geplante Ehe zwischen den Königskindern offenbar arrangiert ist.
3. Eine arrangierte Ehe
Betrachten wir die geplante Ehe von Ileandra und Sarpedon etwas genauer, so scheint sie nicht nur der reinen Liebe, als vielmehr ebenso einem kalkulierten Arrangement entsprungen zu sein, auch wenn sich die beiden sicher nicht unangenehm sind. Schon in der Diskussion mit Aphrodite spricht Cupid von "one of my perfect matches" (wobei match die Bedeutung Übereinstimmung, aber auch Anpassung hat). Außerdem sagt er:
Cupid: "They're a cooking couple - it's set."
(Sie sind ein "kochendes Paar" - das ist festgesetzt).
Der Ausdruck "cooking couple" ist wahrscheinlich eine Anspielung auf das Ehepaar Albertson, dass Mitte der Neunziger unter dem Warenzeichen "The Cooking Couple" Kochrezepte für Paare veröffentlichte, die angeblich das Liebesleben anreichern sollten. Was natürlich im Umkehrschluss bedeutet, dass es in der Ehe nicht weit her ist mir der Lust, wenn man sich schon von Köchen beraten lassen muss. Denn Aphrodite vs. Cupid ist der Kampf der ungezügelten Leidenschaf gegen das ordnungsgemäß familiäre Eideidei.
Die arrangierte Ehe war über tausende von Jahren die übliche Beziehungsform. Liebe und Ehe waren zwei verschiedene Dinge. Das lag hauptsächlich daran, dass in einem Staat ohne Sozialversicherung, ohne Bürgerliches Recht und mit bescheidenen Lebensverhältnissen die eheliche Hausgemeinschaft eine fundamentale wirtschaftlich Einheit war. Sie sorgte für Nachkommenschaft, Versorgung der Kinder und der Alten, sie förderte Familiennetzwerke, half bei der Bewirtschaftung der Betriebe, und regelte Vermögens- und Erbschaftsfragen. Man konnte es sich schlicht und ergreifend wirtschaftlich nicht leisten solche eine wichtige Institution den unsteten Wandlungen eines Gefühls zu überlassen. Erst Ende des 18. Jh., als das Bürgertum wirtschaftlich unabhängiger wurde und seine Angelegenheiten selber regeln wollte, kam die Idee der romantischen Ehe in Mode. Oder anders ausgedrückt, die Romantik muss man sich erst leisten können um sie als Ideal zu verklären. In der Aristokratie hätte man sich das zwar schon früher leisten können, jedoch herrschte dort die Ehe aus politischem Kalkül vor und das Andere machte man dann nebenher. Mit Ehen wurde Allianzen besiegelt und Frieden geschlossen. So einen Fall haben wir auch in dieser Episode:
Barus: "There's nothing like a wedding to bring two families together. To you, Lynaeus. And peace to both our kingdoms."
(Es gibt nichts Besseres als eine Heirat um zwei Familien zusammenzubringen. Auf dich Lynaeus. Und Friede unseren beiden Königreichen).
Einen weiteren Hinweis auf das Arrangement gibt uns auch die Braut:
Illenadra: "I had no idea it was so dangerous outside of the castle."
(Ich hatte keine Ahnung, dass es außerhalb des Schlosses so gefährlich ist).
Offensichtlich ist sie aus ihrem Schloss nie hinausgekommen und die Auswahl der möglichen Heiratskandidaten scheint schon aus diesem Grund eher klein gewesen zu sein. Wahrscheinlich gab's aus Sarpedon gar keinen anderen. Dass es mit der Leidenschaft in der arrangierten Ehe nicht übermäßig gut steht, zeigt sich auch darin, dass im vereinigten Königreich die Liebestempel Aphrodites abgebaut werden sollen:
Lynaeus: "It's been a long time coming. Barus: Now, to rid ourselves of these pesky temples to Aphrodite."
(Es hat lange Zeit gedauert. Nun werden wir diese lästigen Tempel von Aphrodite los).
Und Aphrodite steht in der Episode für Lust und Leidenschaft. Daraus schließen wir, dass Ileandra und Sarpedon wohl eher versuchen, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, wenn es schon so von Göttern und Vätern beschlossen wurde. Die Einstellung, in der Götter und Könige vor der "Modellandschaft" stehen ist sehr aufschlussreich. Im Vordergrund arrangieren die Könige ihre Kinder und die Landverteilung, im Hintergrund arrangieren die Götter die Könige.
Was im Mythos die Götter sind, das ist in der modernen Wissenschaft die Evolution. Denn unsere Verhaltensweisen sind nicht nur durch Kultur, sondern vor allem auch durch eine Millionen Jahre dauernde Evolution geprägt, die uns auch passend arrangiert hat. Deshalb schauen wir jetzt ins Biologiebuch und vergleichen einige der Erkenntnisse mit Dialogen und Szenen aus der Episode.
4. Liebe und andere Krankheiten
Evolutionspsychologisch gesehen ist Liebe ein Zustand, der für die notwendige Motivation bei der Produktion und der anschließenden Pflege des Nachwuchses sorgen soll. Männer schauen im wesentliche auf das Äußere, schließlich soll der Genpool auf fruchtbaren Boden fallen. Frauen achten ebenfalls auf das Äußere des Partners, ziehen jedoch ebenso den sozialen Status ins Kalkül, schließlich ist man mit einem Kind eine ganze Weile beschäftigt und will versorgt sein. Deshalb sind sie auch wählerischer bei der Partnerwahl. Was nun genau unter "das Äußere" und "der Status" verstanden wird, ist natürlich abhängig von kulturellen Gepflogenheiten und persönlichen Vorlieben.
Die unterschiedlichen Präferenzen der Geschlechter finden sich auch in anderen Verhaltensweisen wieder, so zum Beispiel im Konkurrenzdenken oder emotionaler, der Eifersucht. Frauen sind besonders auf attraktivere Frauen eifersüchtig, Männer hingegen auf Konkurrenten mit einem höheren sozialen Status. Deshalb ist auch gerade die eher vollschlankere Dame (das müsste Aria sein), die Illeandras Seitensprung dem König offenbart. Es geht ihr weniger um die Moral sondern um die unliebsame Konkurrenz. Hingegen kämpfen Joxer und Sarpedon in erster Linie um ihren Heldenstatus, wobei sich beide in der Rangliste abwechseln. Joxer der Schlichte steht unter Sarpedeon und sagt verzweifelt:
Joxer: "What's he got that I haven't got?"
(Was hat er was ich nicht habe).
Nach der Verwandlung ist es dann Joxer der Held, der mehr zu bieten hat:
Sarpedon: "That's what all you great warriors say, but you always have to end up with the most beautiful women, don't you? Tell me, Joxer, what's your secret?"
(Das sagen alle großen Krieger, aber ihr bekommt am Ende immer die schönsten Frauen. Sag mir, Joxer, was ist dein Geheimnis?).
Der Kampf um einen hohen Platz in der Hierarchie und um die Gunst des Weibchens zehrt offenbar schnell am männlichen Selbstwertgefühl. Und wer im Hahnenkampf verliert ist halt der Arsch, wie unsere schwäbischen Band so treffend formuliert hat. Und der Arsch muss sich mit dem begnügen was übrig ist. Was aber auch nicht das Schlechteste sein muss. Denn wie jeder Illustriertenleser weiß, so befriedigend ist das Leben der Schönen und Reichen auch wieder nicht. Denn damit nicht nur die Helden und Schönen, sondern alle was von der Liebe haben, und damit sich potentiellen Partner mit dem Abwägen nicht ewig Zeit lassen, hat sich die Natur einen Trick zur Paarbindung ausgedacht und einen komplexen neurophysiologischen Regelkreis erfunden. Im Anfangsstadium der Liebe wirkt dieser mit einer gezielten Veränderung der HPA (Hypothalamic-pituitary-adrenal) Achsen Aktivität, umgangssprachlich auch Stress genannt oder wie unsere Göttin sagt:
Aphrodite: "And when you strip away all the tinsel, it's really just about hormones."
(Und wenn du das ganze Lametta wegziehst, geht es wirklich nur um Hormone).
Stress kann zwar Angstzustände und Herzklopfen erzeugen, fördert aber auch die soziale Kontaktfähigkeit. Stresssituationen fördern generell den menschlichen Zusammenhalt. Hat es dann geklappt und ist der Funke erstmal übergesprungen, geht das Hormonsystem und seine Neurotransmitter in die nächste Phase. Hirnregionen die für das kritische Urteilsvermögen oder Angstzustände zuständig sind werden deaktiviert und das subkortikalen Belohnungs- und Motivationssystem aktiviert. Dazu werden Dopamin und hirneigene Opioide freigesetzt, oder anders gesagt, wir stehen in diesem Zustand voll unter Drogen. In früheren Jahrhunderten wurde deshalb die romantische Passion als eine Art Geisteskrankheit gedeutet und dieser Meinung schließt sich auch Gabrielle an:
Gabrielle: "I don't know what's going on - whether it's some sort of sickness or something."
(Ich weiß nicht was hier los ist - ob es irgendeine Art Krankheit ist oder sonst was).
Leidenschaftliches gibt dann auch Ileandra von sich, wenn sie sagt:
Illeandra: "I want to become one with you."
(Ich möchte mit dir eins werden)
oder
"We'll set the world aflame with our passion."
(Wir werden die Welt mit unserer Leidenschaft entflammen).
Offenbar scheint sie bei Sarpedon ein gewisses Defizit zu erleben, denn zu ihm sagt sie solche Sachen nicht, der fällt eher in die Kategorie "nur nett":
"Oh, I guess I love Sarpedon because he's the most caring, loving, sensitive man you ever want to meet."
(Oh, ich glaube ich liebe Sarpedon, weil der fürsorglichste, liebevollste, einfühlsamste Mann ist, den man kennenlernen kann).
Das klingt sehr nett und papstgerecht, aber ob das spaßfaktoriell gesehen ausreicht? Denn um was es eben auch geht, zeigt uns eine der serientypischen Anzüglichkeiten:
Joxer: "My sword is always ready to pleasure you, My Lady."
(Mein Schwert ist immer bereit ihnen Vergnügen zu bereiten, My Lady).
Auch daran lässt Aphrodite keinen Zweifel:
Aphrodite: "Lust versus love. You're just over your head, Sonny."
(Lust gegen Liebe, das geht über deinen Verstand mein Kleiner).
Wobei sich bei der Fernsehaphrodite Lust und Liebe offenbar ausschließen, was zwar in der Realität nicht so sein muss, hier aber in unsere oben beschriebenes königliches Ehearrangement passt. Im puritanischen US Fernsehen kann man sich die Lust eben nicht so einfach erlauben. Da heißt es Triebverzicht für Ileandra.
Aber Romantik an sich ist ja auch was nettes. Vergleicht man die Episode mit romantischen Märchengeschichten, dann sind im Grunde genommen Joxer und Ileandra das romantischen Paar des Tages. Zwar werden auch Ileandra und Sarpeon als glückliches Paar gezeigt, aber so richtig fehlt da der Kick. Nicht umsonst kommt Joxer ihnen kurz vor dem Traualtar in die Quere, was in gängigen Liebeskomödien fast schon eine Standardsituation ist. Auch vom Typus her passt das Paar Joxer und Ileandra eher in das filmische Romantikmuster. Er hat sich vom Tollpatsch zum Helden gewandelt und Ileandra flüchtet aus der arrangierten Ehe in die erlösende Liebe. Die dazu passenden Liebesposen und Dialoge haben sie auch.
Natürlich ist das in der Episode voller Ironie gespielt und das ganze Romantikgetue völlig überzeichnet. Trotzdem ist das Deprimierende an der Folge, dass sie den Spott über die märchenhaften Verhaltensklischees nicht in ein befriedigendes Happyend führt. Im Gegensatz zu ihren filmischen Vorbildern bleibt der arme Narr am Ende vom Liebesreigen ausgeschlossen.
5. Gabrielle und ihr Happyend
Im Gegensatz zur dunkle Xena gilt vielen Gabrielle als der menschliche und freundliche Charakter. Das sehen wir z.B. in der kommenden Episode X2.20 Der Preis besonders deutlich. Jedoch zeigt sich die ganze Serie über, dass viele Übel ihren Anfang bei Gabrielle nehmen, vom Dämonenkind bis zum Verrat an Xena. Ganz entsprechend der Tucholsky Redewendung: Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern gut gemeint. So wie Joxer der Gehilfe von Aphrodite ist, ist sie hier die Gehilfin von Cupid und spielt im Machtspiel der Götter ihre zugedachte Rolle. Sie tut alles damit die Leidenschaft sich keine Bahn verschafft und die arrangierte Ehe nicht gefährdet wird. Während die Männer sich statusgemäß prügeln und die Inneneinrichtung demolieren, arbeiten die Frauen der Episode mit Hinterlist und Tücke. Gabrielle trägt den Hahnenkampf in Aphrodites Tempel und ihr Psychoterror wirkt. Denn nichts ist für ein Valley-Girl schlimmer, als die ganzen Besitztümer in Scherben gehen zu sehen. Im Prinzip hätte Aphrodite Joxer so belassen können, denn während Sarpedon bei dem reichhaltigen Hofangebot sicher was passendes gefunden hätte, sind die Aussichten für Joxer eher mau:
Aphrodite: "All right, I give. He's the idiot full time, again."
(Schon gut, ich gebe auf. Er ist wieder der Vollzeit-Idiot).
Damit werden auch die Königreiche vereint werden, Aphrodite wird einige Tempel verlieren und dem armen Joxer werden von Gabrielle die beruflichen und romantischen Aussichten gleich ganz zerstört. Und nicht nur das, Gabrielle zeigt sich auch noch völlig ignorant gegenüber seinem Leid:
G: "Don't you just love happy endings?"
J: "Yeah - but just once, I'd like to have a happy ending."
(Magst du nicht auch Happyends?
Ja - aber nur ein einziges Mal hätte ich auch gerne ein Happyend).
Wer den Ansprüchen des Berufsheldentums nicht gewachsen ist und auch keine verständnisvolleren Freunde hat, der muss am Ende einsam in die Landschaft schauen. Und so ist es am Schluss ausgerechnet Xena, die tröstende Worte für Joxer finden muss, während sich Gabrielle nach ihrer guten Tat fein heraushält. Damit etabliert die Episode Joxer endgültig als tragischen Charakter und macht einen weiteren Schritt in Richtung Pessimismus, denn die Helden der zitierten Filme hatten mehr Glück. Das Einzige was die Autoren Joxer zugestanden haben ist ein eigenes Lied. Immerhin, denn so was hat noch nicht einmal Xena. Aber ob man das als Happyend bezeichnen kann?

~ Bildkommentar ~

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Traumpaare unter sich. Joxer und Gabrielle beim Waldspaziergang. Aphrodite und Cupid geben sich zum ersten Mal bei Xena die Ehre, nachdem sie schon erfolgreich Hercules durcheinander gebracht haben.
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Der Narr in den Fängen der erfahrenen Frau. Bei Joxer ist es das Glöckchen, beim Hofnarr ist es ein tiefer Blick und Beschwörungsformeln. Die Wirkung ist aber gleich. Aus dem Narr wird ein Held.
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Gabrielle kann es kaum glauben, Joxer als Frauenschwarm. Was eine kleine Typveränderung so alles ausmacht.
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So eine Verwandlung wünscht sich das männliche Publikum gerne. Die schmachtende Haltung ist seit den fünfziger Jahren geblieben, allerdings kann ein rosa Kleidchen heute nicht mehr ganz die Wirkung eines bauchfreien Oberteils erzielen.
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Wer arrangiert hier wen? Die Könige blicken auf ihre Spielzeuglandschaft und die Götter auf ihre Spielzeugkönige. Die Liebe als ein Strategiespiel.
Spaßbremse Gabrielle als Anstandsdame stellt sich der flammenden Passion entgegen.
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Die Modelpose und die erotisierende Symbolik des Wassers. Joxer hat aus der letzten Episode "A Day in the life" gelernt wie man so was macht, denn dort war Xena in der gleichen Verführungshaltung zu bewundern. Jetzt zitiert die Serie sich schon selbst.
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Ist eigentlich schon jemand aufgefallen, wie oft Joxer und Gabrielle zusammen im Gefängnis sitzen? Immerhin gibt es als Neuerung eine Gesangseinlage mit dem Ohrwurm "Joxer the Mighty".
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Aphrodite stellt die Quizfrage des Tages: Was ist auf der Vase dargestellt? Wir vermuten es ist der "Raub der Helena", aber genau wissen wir es nicht. Gabrielle weiß es auch nicht und sie will es auch nicht wissen, denn ihr Blick gilt nur dem muskulösen Oberkörper von Cupid. Wen interessieren da noch Vasen.
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Die Labrys oder Doppelaxt ist manchmal ein Symbol des Feminismus und wird aus einer angeblichen Amzonentradition abgeleitet. Das würde natürlich zu Joxers Schicksal passen. Allerdings sieht der Henker nun gar nicht nach Feminismus aus. Welche Neigungen sich hinter seiner Maske verbergen weiß natürlich keiner, aber ob Symbol oder Zufall, nette Requisiten gibt es bei Xena allemal.
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Ebenfalls eine Referenz an das Vorbild "Der Hofnarr". Trinken und Fechten gleichzeitig ist eine Kunst die nur mit Zauberei zu erreichen ist.
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Diesmal nicht der Hofnarr. Der Schwertwechsel von links nach rechts und Joxers "Ich bin Rechtshänder" ist eine kleine Referenz an das "Ich bin kein Linkshänder" in dem spektakulären Fechtduell des Films "Die Braut des Prinzen (1987)".
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Jahaa, endlich. Das wird aber auch Zeit. Für die Joxer/Gabrielle Fans einer der wenigen glücklichen Momente in der Serie, der allerdings schnell vorbei sein wird. Wer glücklicheres sehen will muss sich "Die Braut des Prinzen" anschauen, in dem "As you wish" auch "I love you" bedeutet.
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Männliche vs. weibliche Aggressionsformen. Während die Männer sich duellieren heißt es bei den Frauen psychologische Kriegsführung und Erpressung.
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Das soll ein Happyend sein? Sarpedon hält inbrünstig sein Schwert fest und Ileandra grinst dümmlich in die Gegend. Im Schloss kehrt die gepflegte Langeweile ein und Aphrodites Tempel werden abgebaut. Doch so süffisant wie sie lächelt, weiß sie ganz genau: Die Tücken der Liebe werden die beiden noch richtig kennenlernen.
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In den fünfziger Jahren konnte das Leben nicht schöner sein. Auch der Hofnarr bekam seine Traumfrau und das Königskind noch dazu. Vierzig Jahre später ist es trübe geworden um den antiken Narren von heute. Aufgerieben im Kampf der Geschlechter und den Ansprüchen der Helden-Leistungsgesellschaft nicht mehr gewachsen, kann er nur noch einsam in die Landschaft schauen.

~ Trivia ~

~ Anhang: Aphrodite ~

1. Mythologie
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Statue der Aphrodite. Aus Priene, Haus 33a, 2. Jh.v.Chr.
Antikensammlung im Alten Museum Berlin
Aphrodite ist die Göttin der weiblichen Schönheit und des Liebeslebens. Bei den Römern hat sie den Namen Venus. Bei Hesiod ist "die Schaumgeborene" Abkömmling des Uranus. Dessen Sohn Kronos trennt das Geschlechtsteil seines Vaters mit einer Sichel ab und wirft es ins Meer. Aus dem Gemisch aus Blut, Samen und Wasser bildet sich ein Schaum aus dem Aphrodite entsteht. Bei Homer in der Ilias ist Aphrodite die Tochter des Zeus und der Dione. Sie ist mit dem Schmiede- und Feuergott Hephaistos (röm. Vulkan) verheiratet. Diesen hintergeht sie mit Ares, dem Kriegsgott. Um die beiden in flagranti zu ertappen, schmiedet Hephaistos ein goldenes Netz. Als sich die Zwei darin verfangen, ruft er die Götter herbei. Darauf fragt Apollon seinen Bruder Hermes, was er davon halte. Hermes: "Netz und Zuschauer wären mir gleich, Hauptsache, ich schliefe neben der goldenen Aphrodite". Die Götter lachen über den armen Hephaistos, der das "Homerisches Gelächter" ertragen muss.
Im vorderasiatischen Raum ist Aphrodite auch Herrin der Tiere. Darauf bezieht sich auch ihre Beschreibung im 5. Homerischen Hymnus. Die homerischen Hymnen sind kurze Gedichte zur Lobpreisung verschiedener Götter. Dort wird auch ihre Ankunft auf einer Insel beschrieben, an die sie der Windgott Zephyr geweht hat und auf der sie von den Horen empfangen wird. Horen sind im attischen die drei Göttinnen der Jahreszeiten, wobei die Griechen nur Frühling, Sommer und Winter kannten. Diese Motiv benutzt auch Botticelli in seiner Darstellung der Venus.
2. Botticelli und die Geburt der Venus
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Sandro Botticellis "Die Geburt der Venus (ca. 1486)" ist eine der bekanntesten Darstellungen der Liebesgöttin. Genau genommen ist es nicht die Geburt selbst, sondern ein Zeitpunkt kurz danach, als Venus in der Muschel an den Strand geweht wird. Links im Bild zeigen sich die Windgötter Zephyr und Aura, die Venus ans Ufer blasen. Rechts eine der Horen, die Venus mit einem Frühlingsmantel empfängt. Zephyr ist der Gott des (milden) Westwindes und Aura die Göttin der Morgenbrise. Ihr sanfter Wind zusammen mit dem Blumengewand der Hore symbolisieren die Ankunft des Frühlings. Venus selbst ist keine sexy Venus wie die Aphrodite Xenas, sondern in ihrer Natürlichkeit auch ein Symbol der geistigen Schönheit und Inspiration. Die Darstellung heißt wegen der Haltung der Hände "Venus pudica"- die sittsame Venus. Botticelli bezieht sich dabei auf antike Skulpturen und wahrscheinlich auf die Beschreibung der Aphrodite im Homerischen Hymnus.
Die Darstellung Botticellis war sehr einflussreich und findet sich auch in einigen Filmen wieder, wie in den folgenden Beispielen:
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Eine Venus pudica ist die Xena-Aphrodite zwar nicht, fernsehgerecht verhüllt aber trotzdem. Hier kommt sie amerikanisch zeitgemäß in ihrer Muschel an den Strand gesurft. Alexandra Tydings bei ihrem ersten Auftritt in der Hercules Episode H2.17 Der goldene Apfel.
Im rechten Bild eine der aufwendigsten filmischen Umsetzungen, sogar die Kleider kommen angeflogen. Uma Thurman gibt sich die Ehre als Venus in dem sehr bizarren britischen Fantasyfilm "Die Abenteuer des Baron Münchhausen (1988)".
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Eine etwas spartanischere Variante. Die Malerin Danielle trifft die Lehrerin Lara und hat eine Vision von ihr als Venus in ländlich-kargem Ambiente. Bald darauf bricht die Liebe aus in "Antonias Welt (1995)".
Auch wenn es schon eine Weile her ist, die meisten dürften sie kennen. Naivität, Unschuld und eine umwerfende erotische Ausstrahlung verkörperte Ursula Andress in "James Bond jagt Dr. No (1962)". Und was hat die jetzt mit Botticelli zu tun? Na warum wohl kommt sie bei ihrem ersten Auftritt gerade aus dem Wasser, warum ist der Bikini weiß, die blonden Haare nach vorne gekämmt und was sollen die Muscheln in der Hand? Wir vermuten, dass nur ein kleiner Teil der Zuschauer die Anspielung auf Botticellis Venus bemerkt hat. Dafür verhalf diese vielkopierte Szene dem Bikini endgültig zum modischen Durchbruch.
3. Aphrodite und der Valley-Slang
Wer die Originalversion von Xena anschaut, wird wahrscheinlich auch bei guten Englischkenntnissen Schwierigkeiten haben Alexandra Tydings Sprüchen zu folgen. Die Xena Aphrodite benutzt den Valley-Slang. Der Ausdruck bezieht sich auf das San Fernando Valley, ein Tal nordwestlich von Los Angeles. In dem Tal siedelte sich vor allem die Filmindustrie an. Auch die Städte Glendale und Burbank liegen im Valley, wo auch Disney und Warner Bros. ihre Studios haben. Zu Hollywoods Glanzzeiten wohnten zahlreiche bekannte Filmstars im Valley. Aber nicht nur die seriöse Filmindustrie hatte lange Zeit Studios in der Gegend, "The Valley" ist auch zentraler Sitz der amerikanischen Pornoindustrie, was dem Tal den Beinamen "San Pornando Valley" gebracht hat. Eine Anspielung darauf ist Aphrodites rosa "Babydoll"-Dessous. Der Ausdruck "Valley-Girl" wurde Anfang der 80er Jahre ein Synonym für verwöhnte Mädchen, deren Interessen hauptsächlich dem Einkaufen und dem persönlichen Erscheinungsbild gelten, insbesondere ihrem sozialen Statuts innerhalb einer eingegrenzte Gruppe von Gleichgesinnten (peer-group). Der Valley-Slang oder Valspeak wurde besonders populär durch Frank Zappas Hit "Valley Girl", den er mit seiner damals 14-jähringen Tochter Moon Zappa sang, die die wesentlichen Slangausdrücke zum Text beigesteuert hat. Einige davon, sowie eine Reihe andere kalifornischer Slangausdrücke benutzt auch Aphrodite. Ich versuche mich mal an einigen Übersetzungen, obwohl ich mir bei einigen auch nicht sicher bin:

"I have an overwhelming sense of grodiness, Cupid" - Mich überkommt ein überwältigendes Gefühl des Ekels, Cupid.

"You did your gooey love-thing on Princess Ileandra." - Du hast dein schnulziges Liebeszeug mit Prinzessin Ileandra gemacht.
"Hi, there, studmuffin" - Hey du Weiberheld.

"Stud" bedeutet Zuchthengst oder übertragen Sexprotz und "Muffin" ist einmal die Bezeichnung für das Gebäck, d.h. im Sinne von "du bist niedlich", anderseits auch "Flittchen". Noch mehrdeutiger kann man es fast nicht mehr machen.

"I gotta bail. Bodacious waves at Naxos. Later." - Ich muss los. Tolle Wellen bei Naxos. Bis später.
Die Wellen beziehen sich auf das in Südkalifornien besonders beliebte Wellenreiten.