2.19 Was Homer nicht wissen konnte
Ulysses
~ Besetzung ~
Lucy Lawless (Xena)Renee O'Connor (Gabrielle)
John D'Aquino (Ulysses)
Rachel Blakely (Penelope)
Tim Raby (Meticles)
Carl Bland (Layos)
Geoffrey Knight (erster Pirat)
Donna Pivac (erste Sirene)
Charles Siebert (Stimme von Poseidon)
Stab:
Drehbuch: R. J. Stewart
Musik: Joseph LoDuca
Schnitt: Jim Prior
Regie: Michael Levine
Erstausstrahlung:
USA 21.04.97
DEU 01.03.98
~ Zusammenfassung ~
Bei einem Spaziergang am Meer stoßen Xena und Gabrielle auf einen Mann, der sich gegen eine Übermacht von Piraten zur Wehr setzen muss und dem sie zu Hilfe eilen. Der Unbekannte entpuppt sich als kein geringerer als Odysseus, König von Ithaka, der nicht in seine Heimat zurückkehren kann, weil Poseidon ihn daran hindert. Poseidon ist es auch, der ihm erzählt, seine Frau Penelope sei tot und der Xena warnt, sich einzumischen. Gemeinsam mit Gabrielle erobern sie Odysseus' Schiff zurück und stechen in See. Xena und Odysseus gewinnen rasch Gefallen aneinander und flirten, was das Zeug hält. In Ithaka angekommen stellt sich heraus, dass Penelope noch lebt und Odysseus die Treue gehalten hat. Trotzdem wird Druck auf sie ausgeübt und so will sie denjenigen zum König von Ithaka machen, der einen bestimmten Bogen spannen kann. Niemandem gelingt es. Als der vermummte Odysseus sein Glück versucht, droht auch er zu scheitern; doch Xena hilft ihm, ohne dass er oder die Anwesenden etwas davon bemerken. Danach gibt sie ihm zu verstehen, dass er zu seiner Frau zurückkehren und als König von Ithaka herrschen soll. Obwohl er bei ihr und Gabrielle bleiben will, schickt sie ihn fort und segelt mit Gabrielle von dannen.
~ Übersetzung Titel & Disclaimer ~
Ulysses - Odysseus
Titelheld von Homers bekannter mythologischer Erzählung Odyssee. In vielen Sprachen ist der Begriff "Odyssee" zu einem Synonym für lange Irrfahrten geworden. Der griechische Name Odysseus wurde bei den Römern bzw. im Lateinischen zu Ulixes. Daher kommt die englische Version des Namens: Ulysses.
Disclaimer
Despite Gabrielle's incessant hurling, Ulysses' ship was not harmed during the production of this motion picture.
Trotz Gabrielles ständigem Schleudern/Kotzen wurde Odysseus' Schiff während der Produktion diese Filmes nicht beschädigt.
Wortspiel: "incessant hurling" bedeutet soviel wie "ständiges hin und her schleudern", z.B. wenn Wellen ein Schiff hin und her bewegen. Das Verb "to hurl" bedeutet in der amerikanischen Umgangssprache aber auch "kotzen".
~ Kommentar ~
Deshalb werden wir in diesem Kommentar weniger über die mäßige Folge, als mehr über die schöne Odyssee schwadronieren. Den Wissenden zur Erinnerung, den Unwissenden (zu denen wir selbst bis vor kurzem gehörten) zur Weiterbildung. Wer noch nie was von der Odyssee gehört hat, kann in unserem Artikel zu Homers Odyssee eine kurze Inhaltsangabe lesen.
Odysseus, Held von Troja, ist eine der zentralen Gestalten der griechischen Mythologie und mit all seinen Nachwirkungen auch eine der gesamten abendländischen Geistesgeschichte. Wer all die Deutungen, Umdeutungen und Weiterführungen der Odyssee kennen lernen möchte, darf sich auf ein jahrelanges Studium einstellen, so zahlreich sind die Werke die um die Odyssee herum entstanden sind. Eigentlich ein unerschöpflicher Fundus um Xena auch diese Sagengestalt treffen zu lassen. Leider ist das Ergebnis eine einzige Enttäuschung, ein müde Abklatsch dargebracht von einem Mimen, der wahrscheinlich gar nicht wusste in welcher Serie er überhaupt seine Gastrolle hatte.
Natürlich wollen wir von Xena keine werkgetreue Darstellung, dafür gibt es genug Verfilmungen der Odyssee (siehe Anhang) und gerade im freien Umgang mit den Mythen liegt der Reiz unserer Serie. Aber ein bisschen vom Geist des Mythos hätte man schon einfangen können. Das ist bei Hercules schließlich auch gelungen. Aber der dümmliche Darf-ich-mit-dir-gehen Odysseus ist dermaßen weit weg vom Original, dass man ihm auch den Namen Hanswurst geben könnte. Die Story bemüht sich zwar mythologische Anleihen zu machen, auf die wir im Detail noch eingehen, aber ein paar Prügeleien, die Girlgroup-Sirenen und ein Pfeilschuss sind viel zu wenig um eine vernünftige Xena Folge zu füllen. Fünfmal das gleiche Gequatsche und auch noch ein peinlicher zweiter "Fluchtversuch" des Odysseus dehnen sich wie Kaugummi über die 45 Minuten. Und was das Ganze völlig runterzieht sind die mangelhaften Schauspielleistungen unseres Pärchens Lawless & D'Aquino, deren Mimik offenbar nur ein "ja" oder "nein" ausdrücken kann, mit den feinen Gefühlsschattierungen eines nur halbfreiwilligen Abschieds aber heillos überfordert ist. Zwar munkeln die für gewöhnlich gut unterrichteten Kreise, dass Lucy Lawless mit der Besetzung des Odysseus durch John D'Aquino überhaupt nicht einverstanden war, aber eigentlich kriegen Schauspieler ihr Geld dafür, dass sie wenigstens so tun als ob.
Eine Männergeschichte für Xena wäre eine willkommene Abwechslung gewesen, denn die letzte offizielle Intimität ist schon eine Weile her. Wir erinnern uns an die Waldszene mit Marcus in X1.16 Hilferuf eines Toten, deren botanisches Ambiente hier wieder aufgenommen wird. Besonders prickelnd ist das Waldgeplänkel diesmal aber nicht. Denken wir an die noch kommenden Männerbekanntschaften wir Borias und Ares, dann passt der Xenaversteher Odysseus nun gar nicht zu ihr. Dieser Odysseus hätte vielleicht für Gabrielle als "Bübchen der Woche" gelangt, aber die Liebesgeschichte mit Xena ist völlig unglaubwürdig.
Dabei wäre Homers Odysseus eigentlich ganz gut geeignet gewesen um eine nette Folge zu gestalten. Denn wie Xena ist er eine Figur die gute, aber auch ausgeprägt schlechte Seiten hat. Dass sich die Xena-Autoren mit der Mythologie auskennen, merkt man einigen Details der Episode. Deshalb erst ein paar Worte zum Odysseus der Mythologie.
Odysseus ist eine vielschichtige und schon in der Antike sehr umstrittene Figur. Die Mehrdeutigkeit seines Charakters haben die Interpreten zu immer neuen Auslegungen inspiriert, so schwierig ist es ihn eindeutig als gut oder böse, eigenständig oder von der Göttin gesteuert, friedliebend oder barbarisch zu klassifizieren. Im deutschen Titel der Episode wird auf den Odysseus Homers angespielt, aber Homer hat Odysseus nicht erfunden sondern nur als erster zu Papier gebracht. Und er hat ihn erheblich positiver dargestellt, als die griechischen Tragödiendichter oder gar später die Lateiner. Trojas Fall und die Kriegsverbrechen der Griechen kommen bei Homer gar nicht vor. Ebenso wenig die Kinder, die Odysseus angeblich mit seinen diversen Frauenbekanntschaften hatte. Doch schon bei Homer ist Odysseus nicht der makellos strahlende Held. Er ist beharrlich, ausdauernd, leidensfähig, aber auch verschlagen, hinterhältig und überheblich. Homer gibt ihm die Charakterisierung vielgewandt (polýtrops), listenreich (polyméchanos) und umsichtig (polýmetis) und erzählt im selben Atemzug Szenen, in denen er genau das gerade nicht ist. Für einen König zeigt er eklatante Führungsschwächen, so wenig wie er seine Mannschaft im Griff hat. Den Zorn Poseidons zieht er sich durch eigene Dummheit und sein freches Maul zu, ohne die Tipps der Kirke wäre er nie an den Sirenen vorbeigekommen und ohne Athene hätte er den Kampf mit den Freiern nicht überlebt. Zwar möchte er gern nach Hause zurück und zeigt dabei eine unglaubliche Willensstärke, aber dieser Wunsch konkurriert mit seiner Abenteuerlust und seinem Wissensdurst. Er kann sehr galant sein, aber auch unglaublich brutal. Außerdem ist Odysseus ein guter Geschichtenerzähler, und wie alle guten Geschichtenerzähler hat er eine lebhafte Phantasie - so lebhaft, dass er auch ein guter Lügengeschichtenerzähler ist. Davon macht er in der Odyssee reichlich Gebrauch. Das lässt einige Interpreten am Realitätsgehalt seiner Abenteuer zweifeln. Denn Homer selbst schildert nur die Ereignisse in Ithaka, die ganzen phantastischen Abenteuer erzählt Odysseus persönlich am Hofe des Phaiakenkönigs Alkinoos in Rückblenden. Ob dies wirkliche Erlebnisse waren oder ob er nur verschiedene Rauf- und Saufgeschichten phantasievoll ausgeschmückt hat, schließlich ist er der einzige Überlebenden und Augenzeuge, dass überlässt Homer den Deutungen des Lesers, auch wenn nur wenige dieser sehr profanen Interpretation folgen werden. Zu schön sind seine Abenteuergeschichten eben.
Die Odyssee ist so voller Symbole und vielschichtiger Charakterzeichnungen, dass sie über Jahrhunderte die kreativen Geister zu neuen Werken inspiriert hat. Am bekanntesten ist vielleicht der Ulysses von James Joyce, der Odysseus in den Alltag von Dublin versetzt hat. Dass in einer der Kampfszenen irische Musik gespielt wird, könnte eine kleine Referenz an den irischen Schriftsteller gewesen sein. Wahrscheinlich war es aber Zufall und man hat nur die Soundsamples von M'Lila recycelt. So genau weiß man bei Xena auch nie, ob es Absicht war oder nur hineingedeutet werden kann. Sicherlich kein Zufall ist, dass Odysseus eigentlich gar nicht nach Hause, sondern erneut auf Reisen gehen will, auch wenn das hier in fast absurder Weise mit seiner neuen Liebe Xena in Verbindung gebracht wird. Schon bei Homer ist Odysseus in seinem Herzen ein Abenteurer und Entdecker. Die Rückkehr zu Penelope ist nur von kurzer Dauer, denn in der Unterwelt hat ihm der Seher Teiresias prophezeit, dass er den Zorn Poseidons über die Blendung seines Sohnes Polyphem nur besänftige kann, wenn er erneut loszieht. Diese Fortsetzung des Mythos findet sich nur andeutungsweise bei Homer, aber diese Charakterisierung des Odysseus als Entdecker, den es zu neuen Ufern zieht, ist besonders im angloamerikanischen Raum sehr weit verbreitet. Zum großen Teil geht diese Interpretation auf das Gedicht "Ulysses (1846)" von Alfred Lord Tennyson zurück. In diesem Gedicht langweilt sich Odysseus nach seiner Rückkehr. Seine Frau ist gealtert und die Bewohner Ithakas öden ihn an. Er beschließt sein Haus seinem nun erwachsenen Sohn zu überlassen und mit seinen alten Kumpels erneut auf Reisen zu gehen. Das Gedicht endet mit dem berühmten Vers:
Moved earth and heaven, that which we are, we are;
One equal temper of heroic hearts,
Made weak by time and fate, but strong in will
To strive, to seek, to find, and not to yield.
Wir sind nicht mehr die Kraft, die in den alten Tagen
Erde und Himmel bewegt hat, wir sind das was wir sind;
Der gleiche Rhythmus heldenhafter Herzen,
geschwächt von Zeit und Schicksal, doch stark im Willen
zu streben, zu suchen, zu finden - und nicht zu weichen.
Leider kommt weder von dem klassischen, noch dem moderneren Odysseus etwas in der Xena-Folge an. Offenbar haben sich die Autoren etwas in die Ecke geschrieben, was ihnen ja manchmal in der Serie passiert, denn anders kann man das unbefriedigende Ende nicht erklären. Da Odysseus Xena liebt, kann er nicht mehr der Romantiker sein, der sich nach Frau und Heimat sehnt. Mit Xena kann er natürlich nicht mitfahren, schließlich heißt die Serie Xena: Die Kriegerprinzessin (feat. Gabrielle) und es ist deshalb von Anfang an klar, dass er nur einen Gastauftritt haben kann. Alleine weiterfahren darf er aber auch nicht, denn das heißt die Frau verlassen und wäre damit ein glatter Verstoß gegen die amerikanische Fernsehmoral, selbst wenn man rücksichtsvollerweise seinen Sohn Telemachos erst gar nicht erwähnt hat. Selbst sein Schiff klaut Xena ihm. Und dabei hätte Odysseus Penelope doch sein Königreich überlassen, wenn Xena nicht der Meinung gewesen wäre sie bräuchte ihn unbedingt als Mann und Herrscher. Xena als Förderin des Patriarchats, wär hätte das gedacht. Da war ja Homer moderner. Denn in unserer Frauenserie darf die wichtigste Frau der Odyssee gerade mal einen vollständigen Satz sagen. So steht am Ende, nach Xenas Eheberatungsstunde, Odysseus mit Penelope am Strand und macht winke, winke. Das ist wohl die dümmlichste Varianter aller Odysseus Erzählungen die man sich vorstellen kann. Von der armen Penelope ganz zu schweigen.
Hier treffen zwei verschiedene Sirenenbilder aufeinander und beide kommen nicht von Homer, sondern zum einen aus einer vorwiegend christlichen Interpretation der Odyssee und zum anderen aus der Argonautensage. Zur Erinnerung: die "Fahrt der Argonauten" des Apollonios von Rhodos, auch Argonautika genannt, erzählt die Fahrt von Jason und seinen Gefährten, den Argonauten, auf der Suche nach dem goldenen Fließ (Nur zur Info: ein Fließ ist das Fell eines Widders und keine Badezimmerkachel).
Auf die erste vorwiegend christliche Interpretation zielt das Wortspiel, das im Dialog von Gabrielle und Xena benutzt wird und sich auf die beiden Bedeutungen von "men" im Englischen als "Menschen" und "Männer" bezieht.
X: All men - I'm not a man.
(G: Sirenen? Man sagt ihr Lied soll alle Menschen, die es hören, in ihren Tod an die Klippen ihrer Insel ziehen.
X: Alle Männer - Ich bin kein Mann.)
G: Think of something else, Ulysses - like - discus-throwing.
(Ulysses: Hörst du das? Es ist so wunderschön? Ich muss dorthin gehen. Sie rufen mich - zur Ekstase.
G: Denk an etwas anderes Odysseus - wie - Diskuswerfen.)
In der griechischen Mythologie erscheint die Frau des Öfteren als Sexmonster, das die Männer in den Tod führen kann. Ohne ein großer Psychologe sein zu müssen kann man verstehen, dass sich darin die Anziehungskraft der attraktiven Frau, mit der Angst des Mannes vor ihrer dadurch gegebenen Macht über ihn paart. Männer laufen gerne sexy Frauen hinterher und sexy Frauen wissen das auch zu nutzen. Und nicht erst seit dem modernen Unterhaltsrecht weiß der Mann, dass das teuer werden kann. Die Frau als Unheilbringerin für den unbedachten Mann durchzieht die gesamte griechische Mythologie. In der Odyssee ist z.B. Skylla, dass sechsköpfige Ungeheuer weiblich. Kirke und Kalypso wissen durch ihre Zauberkräfte und Verführungskünste den Mann im Zaume zu halten. Und als für alle Männer warnendes Beispiel wird immer wieder Klytämnestra genannt, die Frau Agamemnons, die im Gegensatz zur treuen Penelope sich in Abwesenheit ihres Mannes einen Liebhaber genommen hat und ihren aus Troja heimgekehrten Gatten ermordet. Echtes Pech für Agamemnon. Allerdings verbindet sich diese Angst in der Odyssee auch mit der Hilfsbereitschaft der Frau, ohne die der Held nicht weiterkommt. Die Zauberin Kirke kann die Männer in Tiere verwandeln, aber sie ist es, die Odysseus den entscheidenden Tipp gibt, wie er an den Sirenen vorbeikommt. Kalypso hält Odysseus mit ihrer Anziehungskraft gefangen, aber am Ende hilft sie ihm sein Floß zu bauen. Auch Nausikaa und ihrer Mutter Arete verdankt Odysseus eine entscheidende Hilfe bei seiner Heimkehr. Und ohne die Göttin Pallas Athene läuft sowieso nichts. Das Odysseus in dieser Episode auf Xena angewiesen ist, ist also durchaus im Sinne der Vorlage.
In der Spätantike und im Christentum hat man aus den beiden weiblichen Aspekten "Gefahr" und "Hilfsbereitschaft" den hilfreichen gestrichen und die Frau (und den Sex dazu) zum Übel des Mannes und aller Welt erklärt. In der christlichen Interpretation der Odyssee wurde der an den Mast gebundene Odysseus zum Abbild des gekreuzigten Jesus und die Sirenen sind "Die letzten Versuchung Christi" durch das Weib. Auf dieser weitverbreiteten Deutung beruht auch die Bemerkung Xenas, dass die Sirenen nur für Männer gefährlich sind. Wir können uns an dieser Stelle natürlich nicht die Bemerkung verkneifen, was eigentlich mit Frauen ist, die Frauen lieben. Müssten die nicht auch den Sirenen hinterherlaufen? Na - überlassen wir die anatomischen Details unseren kleinen Fanfiction Sapphos, die eh das gesamte Xenaverse mit ihren pubertären Ergüssen vollpflastern. Viel interessanter ist an dieser Stelle was eigentlich Homer zu dem Thema sagt. Wir zitieren zuerst Kirke aus dem zwölften Gesang der Odyssee:
Menschen bezaubern, wer auch immer hinkommt zu ihnen.
"Komm, vielgepriesener Odysseus, du großer Stolz der Achaier,
lege dein Schiff hier an, dass die Stimme du hörst von uns beiden!
Denn noch keiner fuhr hier mit dem schwarzen Schiffe vorüber,
eh' er die Stimme aus unseren Mündern, die süß tönt wie Honig,
nicht hat vernommen; vergnügt kehrt er heim und reicher an Wissen.
Denn wir wissen alles, wie viel Argeier und Troer
in der weiten Troja erduldet nach göttlichem Willen,
wissen, was alles geschieht auf der viele ernährenden Erde."
In der Odyssee sind es nur zwei Sirenen. Drei werden es erst in späteren Erzählungen, da die Dreiheit typisch für chthonische Wesen, d.h. Wesen aus der Unterwelt ist. Auch treten sie als Konkurrenz zu den Musen auf; den Sängerwettstreit verlieren sie zwar, trotzdem gelten auch sie als Symbol von Kunst und Musik. Diese Darstellung findet sich indirekt in der Argonautensage. Jason ist schon vor Odysseus erfolgreich an den Sirenen vorbeigekommen. Allerdings nicht durch gute Planung und den Tipps einer Kirke, sondern durch die spontane Idee des Orpheus der mit seiner Leier einen Gegengesang anstimmt. Jetzt zitieren wir Apollonios aus dem vierten Buch der Argonautika:
Und ohne Rücksicht ließen [die Sirenen] also auch [den Argonauten] gegenüber aus ihren Mündern ihre lilienzarte Stimme erschallen. Und die wollten schon vom Schiff aus die Haltetaue in die Gestade werfen, wenn nun nicht der thrakische Sohn des Oiagros, Orpheus, mit seinen Händen die Saiten seiner bistonischen Leier gespannt und in rascher Weise eines lebhaften Liedes hätte ertönen lassen, auf das es Verwirrung stifte und ihre Ohren zugleich vom Schlagen des Plektrons erdröhnten. Und seine Leier übertraf die Stimme der Jungfrauen.
Jetzt wissen wir woher Xena die Idee mit dem Gesang her hat: von Orpheus. Ob er ihr das in der Episode X2.04 Finstere Mächte gesagt hat? Wir möchten hier noch auf den Humor von Apollonius hinweisen, denn es ist nicht nur das Lied des Orpheus, das die Sirenen überdeckt, vielmehr hämmert er so stark in die Saiten, dass das Dröhnen alles übertönt. Eine Mischung aus Krach und Gesang, Orpheus scheint der erste Heavy Metal Gitarrist der Welt gewesen zu sein, da hatten selbst die Sirenen keine Chance. Schade, da hätte Xena doch auch ihre Gitarre aus X5.10 Lieder, Lügen und 'ne Leier nehmen sollen, dann wäre man der antiken Vorlage noch gerechter geworden.
Das würde schon mit den lieben Tierfreunden anfangen. Alles naselang werden in der Odyssee Rinder, Widder und sonstiges Getier geschlachtet und geopfert. Zu Ehren der Götter gleich hundertweise. Nichts für schwache Tierfreundnerven. Selbst die "Hundebegrüßung" des heimkehrenden Odysseus wird geschönt. In den meisten Verfilmungen sieht man als Argos ein liebliches Hundchen, das seinen Herrn freudig wedelnd begrüßt, so wie es unsere Hundefreunde gerne haben. Bei Homer hingegen sitzt der altersschwache Argos völlig verlaust auf einem Misthaufen. Symbol des Verfalls des Hauses Odysseus. Er erkennt zwar seinen Herrn, ist aber zu schwach sich zu bewegen und stirbt kurz darauf. In amerikanischen Verfilmungen völlig undenkbar.
Dass Odysseus, nachdem er die Bogenprobe bestanden hat, mit den Freiern kämpft, wissen die meisten. Doch die Details erfährt man in keiner Verfilmung - dafür aber hier bei uns. Es kämpfen zwei Parteien gegeneinander. Auf der einen Seite stehen 108 Freier plus ein paar Diener, unter ihnen auch der untreue Ziegenhirt Melantheus. Auf der anderen Seite unser Held Odysseus, sein Sohn Telemachos, der treue Schweinehirt Eumaios und der Rinderhirt Philoitius. Und nicht zu vergessen, die Göttin Pallas Athene. Als Odysseus den Bogen spannt gibt Zeus durch einen Donnerschlag sein Einverständnis für den Freiermord. Das die Saite erst auf den Bogen gespannt werden muss scheint eine Erfindung des Antikenfilms zu sein, in der Odyssee kommt es nur darauf an die Saite zu spannen und das scheint, so wie es beschrieben ist, nicht nur durch bloße Kraft, sondern auch durch eine gewisse technische Kunstfertigkeit möglich zu sein. Als erstes erledigt Odysseus Antinoos:
und geradewegs quer durch den Hals drang die Spitze.
Seitwärts kippte er um, der Becher entglitt seinen Händen,
als er getroffen, und gleich schoß ihm durch die Nase ein dicker
Strahl von Menschenblut;
ganz von Blut und Schmutz besudelt wie einen Löwen,
der da des Weges kommt vom Fraß eines Rindes auf dem Felde;
und die ganze Brust und die Backen auf beiden Seiten
sind ihm blutüberströmt, und schrecklich ist er zum Anschauen:
"Nein, nicht mit sauberem Tod möchte ich den Lebensmut nehmen,
denen, die über mein Haupt und über unser Mutter
Schande gegossen und bei den Freiern die Nächte verbrachten!"
Sprach's und knüpfte das Tau eines dunkelbugigen Schiffes
an den stattlichen Pfeiler und warf es rings um den Rundbau,
zog es dann straff in die Höh', daß kein Fuß den Boden erreichte.
Wie wenn flügelbreitende Drosseln oder auch Tauben
in einem Netz sich verfangen, das aufgestellt ist im Dickicht,
wenn sie nestwärts fliegen, doch grausig empfängt sie das Lager:
So aufgereiht hielten die ihre Köpfe, und rund um die Hälse
alle waren Schlingen gelegt, daß kläglichst sie enden.
Kurz nur zappelten sie mit den Füßen, aber nicht sehr lange.
Dann führten sie den Melantheus hinaus in den Hof durch den Vorraum,
schnitten ihm Nase und Ohren ab mit dem grausamen Erze,
rissen die Scham ihm aus zum Rohfleischverzehr für die Hunde,
hieben die Hände und Füße ihm ab mit grimmigem Mute.
Der Massenmord an den Freiern und das Schicksal der Mägde, die im Prinzip nichts verbrochen haben und keine Gefahr für Odysseus sind, hat die Gemüter lange Zeit beschäftigt und bringt auch heute noch die Verfechter der antiken Literatur etwas in Bedrängnis. Dazu wollen wir hier ein paar Erläuterungen geben, auch wenn es uns natürlich an der fachlichen Qualifikation mangelt. Aber da das Thema in den meisten Erläuterungen schlichtweg ausgeblendet wird, machen wir uns halt ein paar eigene Gedanken. Zum einen wird der Freiermord lange angekündigt. Schon im zweiten Gesang warnt der Seher Halitherses "wohlmeinend" die Freier vor dem Unheil und bekommt die patzige Antwort:
daß sie nicht etwas hinterher etwas Schlimmes erleiden!"
Dann ist das Massaker natürlich eine Machtdemonstration, eine Wiederherstellung der weltlichen und göttlichen Ordnung im Königreich des Odysseus. Und genau wie die Götter ist er bei seinen Mittel nicht zimperlich. Die Mägde sind Sklavinnen und damit eh nicht viel wert, antike Menschenrechtserklärungen gibt es nicht, da kann dann Sohnemann Telemachos demonstrieren, dass er jetzt auch weiß wie man die königliche Ordnung wieder herstellt indem man andere Leute umbringt. Die Verstümmelung Melantheus' ist ähnlich wie die Geschichte des Kentauren Eurytion, der im Vollrausch ebenfalls ein Gastrecht missbraucht hatte und dafür bestraft wurde. Generell hatten die Griechen ein anderes Verhältnis zu misshandelten Opfern als wir das heute haben. Während wir, auch durch die christliche Tradition des neuen Testaments, Mitleid mit den Opfern empfinden, zeigt sich in der griechischen Mythologie die Größe eines Siegers in der Misshandlung der Opfer. Besonders gilt das für Götter, die schon bei kleinsten Vergehen zu mächtigen Strafaktionen ausholen. Apollon zieht Marsyas die Haut ab, weil der beim musikalischen Wettstreit zu gut flötet. Niobe, mit 14 Kindern gesegnet, macht eine unpassende Bemerkung über die Göttin Leto, die nur zwei Kinder hat. Diese lässt daraufhin durch Artemis sämtliche Kinder Niobes töten. Und der Held Achilles schleift nach seinem Sieg über Hektor dessen Körper tagelang um das Grab des Patrokles herum. Man sieht, ein Sieger ist bei den Griechen nur was wert, wenn er es an Grausamkeit nicht mangeln lässt. Kein Wunder, dass so was nicht im Fernsehen gezeigt wird. Nun muss man ja nicht gleich einen Horrorschocker aus der Xena-Episode machen, der nur in dubiosen Tauschbörsen gehandelt wird, aber nur eine kleine Prügelei mit Piraten? Ein bisschen wenig für einen richtigen Odysseus. Da war der gute alte Kirk Douglas besser drauf. Vielleicht wäre es geschickter gewesen eine andere Szene aus der Odyssee für die Xena-Folge zu nehmen, genug Auswahl hätte es gegeben, aber so wird aus der dramatischen Heimkehr des Odysseus eine mäßige Wirtshausschlägerei.
Natürlich bewegt sich Penelope, wie alle Figuren der Odyssee, in der Zeit in der sie gelebt hat. Und wir sind noch 200 Jahre vor der klassischen girechischen Epoche der Polis. Der Mann kümmert sich um die Repräsentanz und die landwirtschaftliche Hofhaltung, die Frau waltete im Haus, hütet das Feuer und stellt Textilien her; man war Selbstversorger mit festgelegtem Aufgabenprofil. Für beide Geschlechter gab es einen Ehren- und Verhaltenskodex, den es unbedingt zu beachten galt. Doch damit allein wird man dem vielschichtigen Charakter der Penelope, wie sie Homer beschreibt, nicht gerecht. Sie muss genauso kämpfen wie Odysseus, nur eben nicht gegen Monster und Mutanten, sondern gegen das komplexe Beziehungsgeflecht ihres Hofstaates. Die Freier, die sie bedrängen, das Hauspersonal, immerhin fünfzig Mägde, die teilweise mit den Freiern kooperieren und eine ständige Gefahr für Penelope darstellen. Die Amme Eurykleia, die mit ihrer Odysseus Verehrung und ihren ständigen Ratschlägen die Züge einer "bösen Schwiegermutter" hat. Und ihr adoleszenter Sohn Telemachos, der als nun fast erwachsener Mann die gesellschaftsübliche Herrschaft im Hause fordert. Auch wenn sie mit ihren nächtlichen Weinkrämpfen die Heulsuse der Odyssee schlechthin ist, zeigt sich dahinter versteckt die kämpferische Natur der Penelope.
Odysseus kommt auch nicht locker nach Haus und sagt: "Hallo Penny, ich war mal kurz Zigaretten holen, hat aber etwas länger gedauert. Aber jetzt ist der Herr im Haus wieder da." Er muss sich seine Heimkehr und die Anerkennung durch Penelope mühsam erkämpfen. Im Prinzip muss er ein zweites Mal um die Hand seiner Frau anhalten. Bevor Odysseus in sein Haus kommt verwandelt ihn die Göttin Athene in die Gestalt eines alten Bettlers. Unerkannt mischt er sich unter die Freier und erlebt den ersten Auftritt seiner Frau. Sie sagt den Freiern, dass sie ihr Geschenke bringen sollen, wenn sie um sie werben wollen. Die Freier schicken sofort ihre Diener los. Odysseus allerdings erkennt, dass dies ein Trick von Penelope ist. Die Freier haben sich ungefragt und ungebeten an den Vorräten des Hofes bedient und Penelope versucht nun durch die Geschenke einen Teil ihrer verlorenen Güter wieder zubekommen. Berücksichtigt man noch ihrem Trick mit dem Leichentuch des Laertes, das sie tagsüber webt und nachts wieder auflöst um die Arbeit in die Länge zu ziehen und die Freier hinzuhalten, erweist sie sich hier als genauso listenreich wie Odysseus. Den von ihr unerkannten Bettler Odysseus lässt sie waschen und ankleiden, und zeigt damit, dass er in ihrem Haus willkommen ist. Damit ehrt sie das Gastrecht in genau der gleichen Weise, wie es König Antinoos dem Odysseus gewährt hat. Durch ihrer wohlwollende Behandlung eines ihr völlig unbekannten Bettlers erweist sich Penelope als religiös und moralisch hochstehend und ist damit mindestens auf einer Ebene mit dem göttlichen Odysseus, eher noch höher, da sie es sich noch mit keinem Gott verscherzt hat. Als nächstes muss Odysseus den Bogen spannen. Es ist ein ähnlicher Wettkampf wie die olympischen Spiele, die im Phaiakenland veranstaltet wurden, um einen geeigneten Mann für Nausikaa zu finden. Auch hier gewinnt Odysseus den Wettkampf. Nach seiner Vendetta lässt er Hochzeitsmusik spielen, damit die Nachbarn nicht merken was vorgefallen ist. Wettkampf und Hochzeitsmusik, das deutet schon auf ein zweites Heiratsritual hin. Also weniger ein Wiedersehen, sondern ein sich wiederfinden. Nachdem Odysseus in seine normale Gestalt zurückverwandelt wurde trifft er auf Penelope. Er erwartet offenbar, dass sie ihn dankbar mit offenen Armen aufnimmt, doch so einfach macht sie es ihm nicht. Sie will nicht glauben, dass es der wirkliche Odysseus ist, sie vermutet einen Streich der Götter, die Rache an der Freiern genommen haben und sie jetzt täuschen wollen. Damit erweist sie sich als ebenso vorsichtig wie Odysseus. Außerdem ist es ihr lieber ihr Elend länger zu ertragen, als sich aus purer Verzweiflung einem Trugbild hinzugeben. Offenbar ist sie genauso hart im nehmen wie Odysseus. Erneut greift sie zu einer List. Sie gibt ihrer Dienerin den Befehl ihr Bett nach draußen zu stellen, damit der Bettler ein Lager hat. Das aber ist eine Fangfrage, denn das Bett teilt einen Bettpfosten mit einem Olivenbaum, um den herum Odysseus einst das Haus gebaut hat. Das Bett ist also im wahrsten Sinne des Wortes eine Immobilie. Da man zu ihrer Zeit aber nicht mit anderen über die Schlafzimmereinrichtung spricht, wissen das nur sie und der wirkliche Odysseus (und natürlich der Leser). So hinterlistig auf die Probe gestellt erzählt der leicht gestresst wirkende Odysseus, wie er einst das Bett gebaut hat. Damit hat er den letzten Test von Penelope bestanden. Odysseus ist tief gerührt:
deren gutgezimmertes Schiff Poseidon auf hoher
See zerschmettert, das Wind auf pralles Gewoge bedrängend -
wenige nur entkamen der grauen Salzflut aufs Festland
schwimmend, und Salz in Fülle setzte sich an um ihre Leiber
und sie betraten voll Freude das Land, dem Unheil entronnen-,
so willkommen war ihr der Gatte, als sie ihn ansah,
und nicht mehr ließen die weißen Arme los seinen Nacken.
als wenn im Hause walten im Einklang ihrer Gedanken
Mann und Frau, gar sehr zum Schmerz von Übelgesinnten,
Wohlgesinnten zur Freud'; doch ihr eigener Ruhm strahlt am hellsten."
Wir jedenfalls wollen uns zum Schluss zu den Wohlgesinnten begeben - gehen zum Kühlschrank, schauen was das Getränkefach gerade hergibt, gießen unsere Glas ein und trinken auf das Wohl von Penelope, ihrem Odysseus und den guten alten Homer - und hoffen inständig, dass die nächste Xena-Folge besser wird. Und da wir, was Xena-Folgen anbelangt, über geradezu hellseherische Fähigkeiten verfügen, können wir jetzt schon sagen: es wird auf jeden Fall besser.
~ Bildkommentar ~
Xena ist verliebt. Sie mag in diesem Zustand sogar Blümleins. Ihr Schwarm ist der Vortänzer des Bolschoi Balletts, hier bei einer Strandaufführung von Aram Khachaturians Säbeltanz.
Beide kennen sich noch aus ihrer Jugend, in der sie schon strand- und tanzbegeistert waren. Damals hatten die Hemden noch Ärmel und Xena trug noch ihr natürliches blond. Bei den Herrenfrisuren hat sich dankenswerter Weise nicht viel getan, auch die Armhaltung ist noch geblieben. Was waren die alten Zeiten doch schön.
Angesichts des schmucken Tänzers brechen auch bei Gabrielle ihre versteckten Anlagen durch. Schon ihre Großmutter wusste mit ihrem Zigeunertanz zu bezaubern. Unter ihrer buckligen Verwandtschaft war sie eine echte Ausnahmeerscheinung.
Man plant die erste gemeinsame Reise. Odysseus muss sich noch an die neue Zweisamkeit gewöhnen, denn nun kann er nicht mehr einfach zu knackigen Meerjungfrauen fahren, wie zu besten Singlezeiten. Xena entscheidet sich für einen Kulturtrip zu den singenden Sirenen und Odysseus denkt sich, ob Single sein nicht doch auch Vorteile hat.
So eine Seereise kann schnell langweilig werden. Aber der erfindungsreiche Odysseus hat eine Idee. Er fängt mit dem Spiel "Ich sehe was, was du nicht siehst..." an, ...und das ist blond und kotzt. Xena lächelt, denn sie weiß die Antwort sofort.
Wer hatte eigentlich die Idee, Odysseus auf diese unbequeme Weise zu fesseln? Braucht der duldsame Junge das? Sind wir etwas schon wieder bei den Perverslingen aus dem letzten Episodenkommentar? Dabei wusste schon unser antiker Vasenmaler, dass es für eine Sirenenvorstellung angebrachter ist die Hände auf dem Rücken zu fesseln. Außerdem macht man das AUF dem Deck und nicht UNTER dem Deck, sonst kann man die Sirenen doch gar nicht sehen und das Auge hört doch mit. Unter dem Deck macht man andere Sachen wie rumknutschen, aber das kommt erst später.
Wir unterbrechen unseren Bildkommentar für eine Mitteilung des EU-Parlaments: Auf Antrag der schwedische Grünen-Abgeordneten Eva-Britt Svensson, Vize-Vorsitzende des Komitees für Frauenrechte und Gender-Gleichheit, hat das Parlament im Zuge des Gender-Mainstreaming beschlossen, dass Frauen im Werbefernsehen nicht mehr in Küchen, mit Putzmitteln und an Waschmaschinen gezeigt werden dürfen, um mit diesen sexistischen und entwürdigenden Rollenbildern nicht junge Mädchen in ihrer individuellen, gleichberechtigten und von allen Zwängen befreiten Entwicklung zu behindern. Im Zuge dieser politischen Veränderungen dürfen auch Sirenen nicht mehr als Verführerinnen gezeigt werden (linkes Bild), sondern sind ab sofort nur noch in einer geschlechtsneutralen Bekleidung darzustellen (rechtes Bild).
Nach dieser Meldung macht Odysseus weiter mit dem Spiel "Ich sehe was, was du nicht siehst..."- ...und das kann nicht singen, gibt aber trotzdem Konzerte. Xena ist verwirrt. Häh? Wen meint er damit nur?
Xena möchte Odysseus rumkriegen und weiß, dass Liebe durch den Magen geht. Im Zeitalter des Postfeminismus können Frauen schon längst nicht mehr kochen, erwarten aber immer noch die dazugehörigen Komplimente. Wow, so toll hab ich noch nie jemand Brot schneiden sehen, sagt Odysseus, und Käse kannst du auch schneiden - der absolute Wahnsinn! Jetzt sag nur noch, dass du auch Wasser kochen kannst, dann bin ich sofort dein. Jetzt ist für Xena schnelles Handeln angesagt. Sie küsst Odysseus hingebungsvoll, bevor er merkt, dass sie gar nicht weiß wie Wasser kochen überhaupt geht. Zum Glück hat er nicht nach der Zubereitung von Eiswürfeln gefragt.
Odysseus gerät bei diesem Spielspaß völlig aus dem Häuschen. Das ratet ihr nie! Ich sehe was, was du nicht siehst...-...und das sieht aus wie Xena und Gabrielle, ist aber Penelope und...uups, jetzt hab ich schon die Hälfte verraten.
Jetzt ist aber Schluss mit der Spielerei, denn die Fahrt nähert sich dem Ziel.
Bei Gabrielle geht schon wieder die Veranlagung mit ihr durch, diesmal ist es die ihres Großvaters. Im Gastland erst mal den Boden küssen, hat er immer gesagt, besonders wenn du mit Alitalia geflogen bist. Gabrielle ist zwar mit dem Schiff gefahren, aber auch bei griechischen Fähren sollte man dankbar sein, wenn man überhaupt ankommt.
Penelope sitzt zu Hause rum und denkt sich: Ach, ich arme einsame Frau, ich hätt's echt mal wieder richtig nötig. Aber wenn ich mir den Schmierhaufen hier anschaue. Da wart ich doch lieber auf meinen alten Rumtreiber Odysseus.
Der ist schon ganz in der Nähe und versucht einen hochzukriegen - ääh - also die Saite von dem Bogen, hoch in das Dings... Na ihr wisst schon was ich meine.
Xena ist inzwischen unter den Tisch gekrochen und gibt Nachhilfe in Sachen hochkriegen - ääh - also den Bogen biegen, wegen der Saite. Das mit der Nachhilfe durch eine erfahrene Frau gibt es schon bei Homer. Dort allerdings von der Decke aus. Denn Athene ist in solchen Dingen grundanständig und kriecht nicht auf dem Boden rum.
Jetzt heißt es Abschied nehmen für Xena und Odysseus, denn irgendwie wird das doch nichts mit den beiden. Das hat schon manches Paar nach dem ersten gemeinsamen Urlaub festgestellt. Dafür bekommt Xena ein Schiff, dass mit drei Mann Besatzung gelenkt werden kann. Und was machen dann die vielen Leute hier? Ach ja, das ist die Blue Man Group, die auf der weiteren Reise für Unterhaltung sorgen wird, jetzt da der erfindungsreiche Odysseus mit seinen netten Spielideen nicht mehr da ist. Xena meint noch: He'll learn to love her again...
...Er wird lernen sie wieder zu lieben. Das weiß die kluge Penelope auch. Denn Feminismus hin, Rollenstereotype her, Männer sind in dieser Hinsicht einfach zu handhaben. Ob in der Antike oder Heute, die Hauptsache ist, es gibt was zu essen und anschließend Sex. Und wenn wir uns die kluge Penelope so anschauen, dann fängt sie schon mal mit dem Essen an, oder ist das etwas schon die Einleitung zum... Meine Herren, geht die geschickt vor, da kann man Xena und ihre ollen Käsebrote aber schnell vergessen.
Hier die Lösung
~ Trivia ~
- In dieser Folge tritt zum ersten Mal der computeranimierte Poseidon auf, der die ganze erste Staffel durch nur im Vorspann zu sehen war.
- Charles Siebert, eigentlich Regisseur einiger Xena-Episoden, leiht in der Originalfassung Poseidon seine Stimme. Er tritt nochmal in der übernächste Episode X2.21 Schiff der Verdammnis auf. In Persona war er als Sisyphus in X2.08 Die Schliche des Sisyphus zu sehen.
- Der Themenkreis der Odyssee wird in dem Roman Xena - Die Kriegerprinzessin von Ru Emerson wieder aufgenommen, in dem Xena Ithaka während der Abwesenheit Odysseus' verteidigt.
- Rachel Blakely (Penelope) hatte einen Gastauftritt als Meerjungfrau in der Episode Mermaid Island der Serie "Flippers neue Abenteuer".
- John D'Aquino ist den meisten bekannt als Lt. Benjamin Krieg in der ersten Staffel der Serie "seaQuest DSV". Außerdem hatte er zahlreiche Gastrollen in bekannten Serien. Einige unserer Leser kennen ihn vielleicht auch aus "Mord ist ihr Hobby", in der er in den Episoden MSW 9.8, 11.18 und 12.14 zu sehen war.
~ Anhang: Verfilmungen der Odyssee ~
Ulisse (1954, dt. Die Fahrten des Odysseus). Silvana Mangano als Penelope und Kirk Douglas als Odysseus in einer Verfilmung aus der goldenen Zeit italienischer Sandalenfilme. Schaut man sich Penelope an, so hat sie Odysseus wahrscheinlich im Alter von vier Jahren geheiratet. Der Film glänzt durch sinnige Dialoge wie "So ein Kampf regt die Blutzirkulation im Gehirn an" und einige Kampfeinlagen, bei denen man garantiert vor Lachen aus dem Sessel kippt. Dafür ist die Deko wunderhübsch und sehr italienisch mediterran. Kirk Douglas glänzt durch ausdrucksstarke Grimassen und ein nettes Blutbad, bei dem er sogar mit den Äxten um sich haut. Die derzeitige deutsche DVD ist von einer so schlechten Filmkopie gezogen worden, dass es aufgrund fehlender Filmschnipsel immer zu Szenensprüngen kommt. Das gibt dem wirren Streifen eine fast avantgardistische Note. Für mich deshalb eindeutig die beste Verfilmung. Absolut sehenswert.
L' Odissea (1968, dt. Die Odyssee). Cineasten erstarren vor Ehrfurcht wenn die grande Dame Irene Papas als Penelope ihren Auftritt hat. Die hat wirklich "Gravität". Bekim Fehmiu mimt passend dazu einen ernsthaften Odysseus in dieser TV Mini-Serie, die es auf eine Gesamtlaufzeit von über sechs Stunden bringt. Da ist Geduld angesagt, denn die Ausstattung ist "historisch realistisch" und damit ziemlich karg. Insgesamt die einzige Verfilmung, die in weiten Teilen genau dem Homer'schen Epos folgt. Die Hinrichtung der Mägde hat man aber dann doch ausgelassen. Seit kurzen in ungekürzter Fassung auch auf Deutsch erschienen. Also um ehrlich zu sein, Kunst hin oder her, ab und an musste ich doch die Taste "schneller Vorlauf" drücken. Auf der dreier DVD ist noch eine putzige Dokumentation des italienischen Fernsehens anlässlich der Wiederausstrahlung der Serie vor einigen Jahren.
The Odyssey (1997, dt. Die Abenteuer des Odysseus). Greta Scacchi als Penelope und Armand Assante als Odysseuss geben sich die Ehre in diesem Fernseh-Mehrteiler, der etwa um die gleiche Zeit ausgestrahlt wurde wie die Xena-Episode. Wir sind in der Neuzeit und Penelope kann nun den Bogen selber tragen. Selbstverständlich stirbt auch kein niedliches Hundchen an Altersschwäche. Dafür gibt's ein paar ganz passable Spezialeffekte und mit knapp drei Stunden Laufzeit ist die Verfilmung noch im erträglichen Rahmen. Irene Papas darf als Magd Anticleia auftreten, wie überhaupt zahlreiche Stars Gastauftritte haben. Absoluter Hingucker ist Isabella Rossellini als Athene. Also diese Augen... Leider zurzeit nicht mehr auf Deutsch erhältlich.
Ulysses (1998, dt. Odyssee). Dieser völlig unbekannte und selbst in der IMDB undokumentierte Zeichentrickfilm ist mir bei meinem DVD-Verleiher in die Hände gefallen. Nicht so schlimm, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Der Süßlichkeitsfaktor wurde wie üblich im Genre erhöht. Die Sirenen sind niedliche Meerjungfrauen und Hermes erscheint als Schmetterling! Erstaunlich der Schluss: Nach kurzer Wiedersehensszene haut Odysseus gleich wieder ab, und segelt neuen Abenteuern entgegen - mit unbekanntem Ausgang. Offenbar hat das jüngere Publikum nicht soviel für den romantischen Gefühlsschmalz der Realverfilmungen übrig.
BBC: Ancient Greek Heroes (2004, dt. Helden der Antike). Kein Spielfilm, sondern eine zweiteilige Dokumentation der BBC. Der erste Teil behandelt Jason und die Argonauten und der zweite Teil interpretiert den Mythos des Odysseus. Spielfilmszenen wechseln sich ab mit Interviews professoraler Experten, deren Namen in der deutschen Fassung leider nicht verraten werden. Was aber nicht schlimm ist, denn der geistige Nährwert der Kommentare hält sich in Grenzen. Während der Jason Teil noch einigermaßen passabel ist, ist die Odyssee reichlich oberflächlich geraten. Angeblich wird in der Odyssee die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt, und der liegt laut der Dokumentation im Verzicht auf Ruhm, Ehre und Unsterblichkeit und dem Wunsch nach einem harmonischen Familienleben (oder so was in der Art). Weil das nach der Menopause doch etwas schwieriger wird, wurde Penelope wieder mal deutlich verjüngt. Das unschöne Blutbad an den Freiern fällt gleich ganz aus. Wahrscheinlich war man besorgt, dass irgendwelche Amokläufer vom Staatsfernsehen getriggert werden. Einziges Highlight die unfreiwillige Komik der dramatisch übertriebenen Musik zu völlig banalen Spielszenen, wie sie oft in Dokumentationen dieser Art zu hören ist. Ich persönlich kann dem nicht viel abgewinnen. Entweder man liest das Original und arbeitet sich etwas in die Sekundärliteratur ein, was natürlich Mühe macht, oder man verzichtet ehrlicherweise auf die Bildung und lässt sich von Kirk Douglas' Grimassen unterhalten. Oder man macht erst das eine und dann das andere, was die beste Lösung ist, jedenfalls ist Bildungsfernsehen dieser Art für die Katz.
~ Lösung des Bilderrätsels ~
- John Travolta und Olivia Newtown John in Grease (1977)
- Lesley-Anne Down als Esmeralda in "The hunchback of Notre Dame" (1982, dt. der Glöckner von Notre Dame). Die Szene kurisiert auf Youtube.
- attisch rotfiguriger Stamnos (= größeres Gefäß der griechischem Antike) des Sirenen-Malers um 470 v. Chr., London, British Museum.
Die Sirenen sind wie in der Argonautensage als Vogelwesen dargestellt. - deutsche Standmotorsirene Typ E57 zum Feueralarm bzw. zur Warnung der Zivilbevölkerung. Erfunden wurde die Sirene 1819 von Charles Cagnard de la Tour, der ihr auch den mythologischen Namen gab.
- Rachel Blakely (Penelope) und Jennifer O'dell in der Serie "The Lost World" (1999-2002, dt. Die verlorene Welt), Episode 2.02 Amazons.
- Papst Johannes Paul II küsste traditionell den Boden von Ländern, die er zum ersten Mal bereiste - hier auf den Fidschi-Inseln im Jahr 1986.
- "Odysseus shoots the first arrow at the suitors" von dem britischen Illustrator Henry J. Ford (1860-1941). Besonders bekannt wurden seine Zeichnungen für Andrew Jangs zwölf "coloured" fairy books (1889-1911), eine Märchensammlung, mit der erstmals auch zahlreiche "ausländische" Märchen, wie einige der Gebrüder Grimm oder aus 1001 Nacht, in England bekannt wurden.
- Rachel Blakely (Penelope) und Michael Landes in dem Sifi-Fernsehfilm "Max Knight: Ultra Spy" (2000).