FANWORK > Fanfiction > Xenina - Die Loreley

Disclaimer: alle namentlich genannten Figuren mit Ausnahme der Loreley sind Eigentum von MCA/Universal and Renaissance Pictures und wurden ohne Genehmigung verwendet. Eine Urheberrechtsverletzung ist nicht beabsichtigt und es wird nicht versucht, mit der Geschichte Profit zu machen. Die Legende von der Loreley habe ich frei nach Clemens Brentano ("Zu Bacharach am Rheine",1801) und Heinrich Heine ("Die Lore-Ley", 1824) verwendet.
Subtext: ja, auch Maintext.
Gewalt: ja.
Zeitliche Einordnung: nach "die Rückkehr der Walküre", Staffel 6
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Xenina, Oktober 2oo8

Xena die Kriegerprinzessin
Die Loreley

By Xenina


Für mono, die schon weiß, warum.

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Der durchdringende Schrei des weit oben am tiefblauen Himmel kreisenden Falken brach sich vielfach an den steilen Felsen und die herbstliche Nachmittagssonne stand gerade eben noch hoch genug, daß sie über die gezackten Bergkämme hinweg bis ins tief eingeschnittene Rheintal leuchtete, wo sie allem einen goldenen Glanz verlieh. Bald jedoch würden die hier allgegenwärtigen Schatten wieder die Vorherrschaft übernehmen um den unruhig dahin eilenden Fluß und die dunklen Tannen an seinen Ufern in bläuliches Zwielicht zu tauchen. Xena, die große, dunkelhaarige Kriegerprinzessin aus Griechenland und ihre blonde Freundin, die kleine Bardin Gabrielle, ritten zügig auf Xenas Isabellstute Argo flussabwärts den schmalen Pfad entlang, der zwischen dem schnell fließenden Rhein und den schroff neben dem Fluß aufragenden Felsen verlief. Beide Frauen schwiegen, was besonders für die beredte Bardin ungewöhnlich war, aber sie mussten jede für sich erst einmal die vergangenen Ereignisse um das Rheingold und den Ring der Nibelungen, die Walküren, Grindel und Odin verarbeiten. Obwohl das alles noch nicht allzu lange her war, schien es den beiden, als wäre es nur ein bizarrer Traum gewesen. Jetzt waren sie endlich wieder auf dem Weg nach Griechenland, in ihre schöne Heimat. Beide hatten genug von diesem rauen, kalten Land hier in dem es ihnen trotz ihrer Mäntel niemals wirklich warm wurde und sie sehnten sich nach der hellen Sonne und dem blauen, weiten Meer. Es würde nicht mehr lange dauern, bis hier der erste Schnee fiel und so hatten sie es ziemlich eilig. Als das Sonnenlicht aus dem engen Tal verschwunden war, wurde es jedoch sehr schnell dunkel und da der Weg mit knorrigen Baumwurzeln und Felsstücken durchsetzt war, würden die Freundinnen sehr bald rasten müssen, wollten sie nicht riskieren, daß sich Argo die Beine brach. Xena und Gabrielle waren an einer Stelle angelangt, an der der bläuliche Fluß einen starken Bogen um einen markanten, weit in das Wasser hineinragenden hohen Felsen herum machte. Sie befanden sich am gegenüber liegenden Ufer und bewunderten den imposanten Anblick, der sich ihnen bot. Noch mehr aber fesselte die Gefährtinnen das siebenfache Echo des murmelnden Flusses, welches den eigenartigen Eindruck hervorrief als würde das Geräusch nicht vom Wasser herrühren sondern von dem hohen Felsen herabkommen. Xena und Gabrielle saßen eine lange Weile bewegungslos auf ihrer Stute und lauschten wie verzaubert, selbst das Pferd spitzte die Ohren Richtung Felsen und stand mit hoch aufgerichtetem Hals reglos da.

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Als die beiden Frauen wieder zu sich kamen, war es bereits so dunkel geworden, daß sie den Weg kaum mehr erkennen konnten. "Na toll!" schimpfte Xena, " jetzt haben wir so lange hier herumgesessen, daß es zu dunkel zum Weiterreisen geworden ist. Es hilft alles nichts, wir müssen hier eben so gut es geht unser Nachtlager aufschlagen." Gabrielle erschauerte. "Was für ein seltsamer Ort! Irgendwie finde ich ihn .... unheimlich...... Als würde hier irgendein seltsames Lebewesen hausen und sich durch unsere Anwesenheit gestört fühlen......." Die Bardin rutschte unbehaglich vom Pferderücken herunter. Danach stieg auch Xena ab und spähte in das undurchdringliche Dunkel zwischen den Tannen. "Mir ergeht es ähnlich wie dir! Aber ich habe eher das Gefühl, als wolle das Wesen, wenn es denn eins gibt, daß wir die Nacht hier verbringen. Immerhin haben wir wie verhext auf dieses seltsame Echo gehorcht und darüber ganz die Zeit vergessen, so daß wir jetzt hier festsitzen...." Gabrielle sah auf das düstere, in Wirbeln dahineilende Wasser hinab und griff spontan nach Xenas Hand. Die große Frau legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie beschützend an sich. "Keine Sorge, Gabrielle, ich werde heute Nacht ganz besonders aufpassen, daß wir keinen unliebsamen Besuch bekommen!" Die Bardin lehnte den blonden Kopf an Xenas Brust: "danke, Xena! Oh wie werde ich froh sein, wenn wir erst dieses düstere Land mit seinen eigenartigen Bewohnern und Göttern hinter uns gelassen haben! - Ich hab' plötzlich solch ein Heimweh nach Hause!" Gabrielles Stimme schwankte und unwillkürlich traten ihr Tränen in die Augen. Sie fühlte sich auf einmal ganz traurig und seltsam verloren, obwohl doch Xena bei ihr war und sie die beruhigende Wärme des großen Körpers an ihrer Seite fühlte. Die Kriegerprinzessin sah auf ihre Freundin herab. "Alles in Ordnung, Gabrielle?" fragte sie besorgt. "Ja, ja, es geht schon wieder. Ich weiß nicht was es bedeutet, daß ich so traurig bin und ..... mich irgendwie einsam fühle...." Xenas leuchtendblaue Augen unter den schwarzen Brauen weiteten sich erschrocken: "einsam? Du fühlst Dich einsam? Obwohl ich bei dir bin?" Gabrielle sah die verletzte Freundin unglücklich an: "ich wollte dir nicht wehtun, Xena! Ich sagte doch, ich weiß selbst nicht, was das für eine komische Stimmung ist." Sie schlang ihre Arme um die Kriegerin und schmiegte sich eng an sie. Xena erwiderte die Umarmung und so standen sie eine Weile reglos in der Dunkelheit. Gabrielle beruhigte die Geborgenheit in den Armen der Kriegerin und sie horchte auf das verlässliche, gleichmäßige Schlagen des kräftigen Herzens an ihrem Ohr. Nein, hier fühlte sie sich nicht einsam und auch nicht traurig, nichts Übles schien die Barriere dieser starken Arme durchdringen und nach ihr greifen zu können. Xena neigte den Kopf und legte ihre Wange an Gabrielles Haar. Mit geschlossenen Augen stand sie da und fühlte nur noch die Freundin und sich selbst. Nicht einmal das merkwürdige Echo drang noch in ihr Bewusstsein.

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Es war nicht leicht, unter den dichten Tannen ein Nachtlager aufzuschlagen, aber schließlich hatte Xena mit ihrem Chakram so viele tiefhängende Zweige entfernt, daß ein leidlich großer Schlafplatz am Wegesrand entstanden war. Die beiden Frauen entzündeten ein kleines Feuer aus duftenden Tannenzapfen und nahmen ein bescheidenes Nachtmahl zu sich. Danach hüllten sie sich gegen die in weißen Nebelschwaden vom Fluß aufsteigende klamme Feuchtigkeit eng in ihre Mäntel und starrten schweigend in die Flammen. Die bedrückte Stimmung war wiedergekehrt hatte nun auch von Xena Besitz ergriffen, wenn auch in geringerem Maße als von Gabrielle und das stetige Murmeln des Flusses mit seinem vielfältigen Echo machte eine Unterhaltung unmöglich. Es war, als würde ständig jemand dazwischen reden.... Nach einer Weile sagte Xena: "Komm', leg' dich hin und versuch' zu schlafen, Gabrielle! Ich werde Wache halten." Die Freundin nickte und stand auf: "ich lös' dich dann später ab, versprich mir, daß du mich wecken wirst." "Mach' ich. Schlaf' gut!" sagte Xena und in einer Anwandlung von Zärtlichkeit beugte sie sich über die schon auf ihren Fellen liegende Gabrielle und deckte sie fürsorglich zu. "Nacht, Xena!" sagte die Bardin, schlang die Arme um Xenas Hals und gab ihr einen Kuß auf die Wange. Dann drehte sie sich auf die Seite und schloß die Augen.

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Xena saß mit dem Schwert zwischen den Knien auf einem Baumstumpf und starrte am Feuer vorbei auf den im Dunkeln unter Nebelschwaden kaum sichtbaren Rhein. Unzusammenhängende Gedanken gingen ihr durch den Sinn aber allen gemeinsam war eine unerklärliche Schwermut und Hoffnungslosigkeit, die die Kriegerprinzessin nicht verstand und gegen die sie nicht ankam, so sehr sie sich auch mühte, Bilder von warmer Sonne und einer lachenden Gabrielle vor ihrem inneren Auge herauf zu beschwören. Xena wendete den Kopf und sah ins Halbdunkel hinüber zur Bardin. Gabrielle schien zu schlafen, jedoch sehr unruhig und offensichtlich geplagt von schlechten Träumen, denn sie wälzte sich auf ihrem Lager herum und stöhnte manchmal gequält auf. Die Kriegerin erwog kurz, die Freundin aus ihren Albträumen zu wecken, unterließ es jedoch aus Sorge, Gabrielle könne dann vielleicht nicht mehr einschlafen. Der dunstverschleierte Mond ging nun über der seltsamen Felsnase am jenseitigen Ufer auf und verlieh dem tief hier unten im Tal dahinrauschenden Fluß einen bleiernen Glanz. Das diffus vom Wasser reflektierte Licht schien zum endlosen Monolog des Echos einen gespenstischen Tanz aufzuführen. Doch damit nicht genug: als die bleichen Strahlen des Himmelsgestirns das Wasser berührten, begann ein wundersamer Gesang. Xena gefror das Blut in den Adern und sie saß erstarrt und lauschte genau so bezaubert wie ein paar Stunden zuvor dem Echo. Es war der Gesang einer Frauenstimme aber überirdisch schön und so traurig, daß Xena das Gefühl hatte, als presse ein wildes Weh ihr das Herz in der Brust zusammen. Die getragene Melodie in Moll floß dahin als wolle sie niemals ein Ende nehmen und rann schwer in Xenas Ohren. Der Klang lenkte den Blick der Kriegerin hinauf zur Spitze des eigenartigen Felsens gegenüber und sie sah dort hin und wieder irgendetwas im Mondschein aufblitzen. Ein trockenes Schluchzen ließ Xena aufschrecken und zu Gabrielle hinüber sehen. Die Bardin war von der Melodie aufgewacht, saß nun wie angegossen mit weit aufgerissenen, grünen Augen, aus denen die Tränen nur so strömten, auf ihrem Lager und horchte den durch Mark und Bein gehenden, von der Spitze des Felsens herab wehenden klagenden Tönen. Unvermutet sprang die kleine Frau plötzlich auf und rannte mit großen Sätzen zum Rhein hinunter. Nur die schnelle Reaktion der geübten Kriegerin verhinderte, daß Gabrielle sich in das kalte, in Strudeln dahineilende Wasser stürzte, was wahrscheinlich ihren Tod bedeutet hätte. Aber so erwischte Xena die Freundin gerade noch an ihrem Top und riß sie zurück. Sie schleifte die sich wie wahnsinnig wehrende Gabrielle zurück zum Lagerplatz und versuchte, aus deren Verhalten schlau zu werden während der stetig an und abschwellende Gesang ihr die Nerven zerrüttete.

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Gabrielle schrie voller Zorn: "laß' mich los, Xena! Du hast kein Recht, mich festzuhalten! Ich bin ein freier Mensch und kann gehen, wohin ich will!" Xena versuchte zu beschwichtigen: "aber Gabrielle! Ich hab' doch nur verhindert, daß du dir im kalten Wasser da den Tod holst! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, daß du in den Rhein springen wolltest?" "Das geht dich gar nichts an, ich kann machen, was ich will!" Gabrielles Gesicht war wutverzerrt und sie schlug mit einer plötzlich freikommenden Faust so brutal auf Xenas rechtes Auge ein, daß die verblüffte Kriegerin sie beinahe losgelassen hätte. Das malträtierte Sehorgan fing sofort an, zuzuschwellen aber Xena hatte jetzt keine Zeit, sich darum zu kümmern. Die Kriegerprinzessin verstand die Welt nicht mehr! Was war nur in Gabrielle gefahren? Sie schleifte die Tobende zu den Satteltaschen hinüber und entnahm ihnen paar feste Lederriemen. Damit verschnürte sie ihre Freundin zu einem handlichen Paket und trug sie zurück zum Feuer. Gabrielle spuckte Gift und Galle. Sie schrie mit überschnappender Stimme: "ich hasse dich!", war so außer sich, wie Xena sie noch nie erlebt hatte und bedachte ihre geliebte Freundin mit den schlimmsten Schimpfwörtern und Verwünschungen. Selbst eine Ohrfeige brachte die Rasende nicht zur Besinnung. Eigenartigerweise hielt Gabrielle jedoch immer wieder inne mit dem Toben und lauschte dann ein Weilchen angestrengt dem fernen Gesang nur um daraufhin umso ärger zu wüten. Schließlich begriff Xena. Sie nahm Gabrielles Gesicht fest zwischen beide Hände und hielt ihr die Ohren so weit zu, daß die Freundin sie gerade noch hören konnte: "Gabrielle, sieh mich an! Es ist dieser verfluchte Gesang, der dich so verrückt macht, nicht wahr?" Gabrielles Körper erschlaffte und Tränen liefen ihr aus Augen, die blicklos durch Xena hindurch sahen als sie mit einer Stimme, die nicht die ihre zu sein schien, sagte: "ja, oh ja! Dieser Gesang........! Ich...... er zerreißt mir das Herz....! Ich .... muß zu ihr! Sie ist so traurig....! Xena, ich muß einfach! Laß' mich gehen! BITTE!" Die Bardin schüttelte Xenas Hände ab und lauschte einen Moment lang mit sehnsüchtigem Gesichtsausdruck dem Gesang, dann nahm sie erneut den aussichtslosen Kampf gegen ihre Fesseln auf, ohne Xenas Reaktion abzuwarten. Xena hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Als wäre Gabrielles Drang, dem Gesang, koste es, was es wolle zu folgen, ansteckend, fühlte Xena nun auch den dringenden Wunsch, sich den Tönen folgend in die Fluten des Rheins zu stürzen und den Felsen am gegenüber liegenden Ufer zu erklimmen um jener Unbekannten, die sie mit ihrem Gesang derartig in tiefster Seele berührte, so nahe wie möglich zu sein. Die große Kriegerin knirschte mit den Zähnen und hielt sich unwillkürlich die Ohren zu. Da fiel ihr etwas ein. Vage erinnerte sie sich an die griechische Sage von den Sirenen, die mit ihrem wunderschönen Gesang die Seeleute anlocken, bis diese mit ihren Schiffen auf Felsen auflaufen und untergehen. Auch sie und Gabrielle schienen es hier mit einer Art Sirene zutun zu haben. Und Xena erinnerte sich ebenfalls daran, wie Odysseus das Problem gelöst hatte, als er mit seinem Schiff Argo an den Sirenen vorüber musste: der gewitzte Seefahrer hatte sich und seinen Leuten die Ohren mit Wachs verschlossen und sie alle an die Schiffsmasten gebunden bis sie den Einflußbereich der Sirenen verlassen hatten. Entschlossen nahm die Kriegerprinzessin die Hände von den Ohren. Sofort drohte der zauberhafte Gesang sie wieder in seinen Bann zu schlagen und wieder fühlte sie unendliches Herzeleid. Schnell packte sie die inzwischen stumm gegen ihre Fesseln ankämpfende Gabrielle und bedauerte dabei die Verletzungen, die sich die Bardin bei ihren Befreiungsversuchen zugezogen hatte von ganzem Herzen. Aber daran ließ sich nun nichts mehr ändern. Während Gabrielle sich jetzt aufs Betteln verlegte und Xena alles mögliche und unmögliche versprach, wenn diese sie losband, trug diese die Bardin zu einer kräftigen Tanne und band die Protestierende daran fest. Dann suchte sie im Dunkeln nach einer Kerze, erwärmte das Wachs an der Glut des Feuers bis es weich war und formte Pfropfen daraus, mit denen sie der Freundin fest beide Ohren verschloß. Sofort beruhigte Gabrielle sich und ihr Gesicht nahm einen friedlichen, wenn auch erschöpften Ausdruck an. Xena verstopfte nun auch ihre eigenen Ohren mit dem Wachs und verspürte sofort Erleichterung. Vorsichtshalber band sie auch sich selbst an den Baum neben Gabrielles. So blieb nur noch zu hoffen, daß der Gesang verstummte, wenn es Tag wurde......

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Xena musste wohl trotz ihrer unbequemen Position eingeschlafen sein, denn als sie wieder die Augen öffnete, dämmerte bereits ein grauer, trüber Morgen herauf. Unter den dichten Zweigen war es noch ziemlich dunkel und sie brauchte einen Moment um zu begreifen, wieso sie sich angebunden am Stamm einer mächtigen Tanne befand, dann warf sie einen Blick hinüber zu Gabrielle. Die Bardin hing schlafend in ihren Fesseln und ihre verdrehte Haltung ließ befürchten, daß sie beim Aufwachen unter einigen schmerzhaften Verspannungen zu leiden haben würde. Xena erging es nicht anders, ächzend hob sie die Hände um die Wachspfropfen aus ihren Ohren zu nehmen. Vorsichtshalber entfernte sie erst einmal nur einen und lauschte nach dem verführerischen Gesang. Bis auf das merkwürdige Echo des murmelnden Flusses war jedoch alles still. Die Kriegerin befreite sich nun auch von dem anderen Ohrstöpsel und ihren Fesseln. Dann wankte sie auf tauben Beinen hinüber zu Gabrielle, wo sie sich einen Moment lang am Tannenstamm festhalten musste, als das Blut mit tausend Nadelstichen zurück in ihre Gliedmaßen strömte. Sie fühlte sich wie gerädert. Diese verdammte germanische Sirene! Xena rüttelte an Gabrielles Schulter um die Freundin auf zu wecken. Die kleine Frau hob erschrocken den Kopf und wollte spontan nach ihren verstopften Ohren greifen, was aber nicht ging, weil sie ja gefesselt war. Verwundert sah sie in Xenas blaue Augen und die beeilte sich, die Wachskugeln aus den Gehörgängen der Bardin zu entfernen. "Oh ihr Götter!" stöhnte Gabrielle, "was in aller Welt ist passiert, Xena? Und wer bei Ares hat dein Auge so verbeult?" Die Kriegerin, die schon damit beschäftigt war, Gabrielle die Fesseln abzunehmen, sagte: "Laß' mich dich erst mal losbinden und Frühstück machen, dann erklär' ich dir alles." Gesagt, getan. Während das Blut schmerzhaft in Gabrielles Arme und Beine zurück floß und sie sich ächzend den Nacken rieb, machte Xena ein kleines Feuer und bereitete das Morgenmahl. Inzwischen wurde Gabrielle von Erinnerungen an einen mächtigen Gesang und schreckliche Seelenpein heimgesucht, die ihr so unwirklich zu sein schienen, daß sie nicht wusste, ob sie der Realität entsprachen oder Ausgeburt eines Alptraums waren. Als die beiden Frauen schließlich mit leidlich gefülltem Magen und einem dampfenden Becher Tee in den Händen dasaßen fragte sie daher die Freundin voller Zweifel: " sag' mal, Xena, irgendwie habe ich merkwürdig lebendige Erinnerungen an wirre Träume in der vergangene Nacht. ..... Von einem schrecklich traurigen Gesang ..... von großer Sehnsucht ...... und davon, daß du mich gefesselt hast...." Da fiel der Bardin ein, daß sie ja tatsächlich an einen Baum gebunden gewesen war, als Xena sie geweckt hatte und ihre grünen Augen weiteten sich. "Das war gar kein Traum, nicht wahr, Xena?" ihr Blick fiel auf ihre von den Lederriemen aufgescheuerten Handgelenke. "In der Tat. Das war wirklich kein Traum! Aber ich kann mich nicht richtig erinnern!" Sie blickte die Freundin an: "sag' mir, was passiert ist, Xena!" Die Kriegerin berichtete knapp: "heute Nacht ertönte plötzlich eine seltsame Melodie von der Spitze des Felsens da drüben. Der Gesang war so schön und traurig, daß du durchgedreht bist und in den kalten Rhein springen wolltest, um zu der Sängerin hinüber zu schwimmen. Ich musste dich gegen deinen Willen fesseln und habe dir und mir wegen der verführerischen Wirkung der Musik die Ohren mit Wachs verstopft." "Und dein Auge? Bist du etwa im Dunkeln gegen einen Baum gelaufen?" Xena schenkte Gabrielle ein schiefes Lächeln: "Leider nein - das Veilchen hast du mir verpasst, als ich dich gefesselt hab'. Du hast vielleicht einen linken Haken, Respekt, Respekt!" Gabrielle zuckte zusammen und entschuldigte sich tausend Mal wobei sie knallrot vor Verlegenheit wurde. Allein dieser Anblick entschädigte die Kriegerin vollkommen für das blaue Auge und sie musste herzlich lachen. Dann brachen sie ihr Lager ab und machten, daß sie fortkamen von diesem unheimlichen Ort.......

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Als sie endlich in schnellem Schritt auf Argos Rücken unterwegs waren, hob Xena den Kopf und sah noch einmal hinauf zu der unter tief hängenden Wolken liegenden Spitze des seltsamen Felsens am anderen Ufer. "Was das wohl war, heute Nacht? Da war nicht nur dieser eigenartige Gesang, sondern irgendetwas hat dort oben auch hin und wieder aufgeblitzt. Am liebsten würde ich hinreiten und nachsehen ......" Gabrielle schüttelte sich: "um nichts in der Welt! Deine Neugier in Ehren, Xena, aber schon das bisschen, woran ich mich noch erinnern kann lässt es mir geraten erscheinen, der Sache lieber nicht auf den Grund zu gehen!" Xena sah auf den Rhein hinaus. "Na ja, wir kommen hier sowieso nicht über den Fluß `rüber und für einen Umweg fehlt uns ganz einfach die Zeit." Gabrielle nickte eifrig: "und außerdem wissen wir ja gar nicht, ob sich der Gesang wiederholt." "Genau!" sagte Xena abschließend und damit schien die Angelegenheit für die beiden Reiterinnen erledigt zu sein. Gegen Nachmittag verbreiterte sich das Tal und da der Fluß hier mehr Platz hatte, floß er jetzt gemächlicher dahin als zuvor. An dieser Stelle lag an jedem Ufer ein kleines Dorf und eine zerbrechlich wirkende Fähre fuhr zwischen den Ortschaften hin und her. Gabrielle streckte den Arm aus: "schau' mal, Xena, hier können wir endlich auf die andere Seite `rüber." Das war für ihre weitere Reise unerlässlich und so nutzten die beiden Frauen die Gelegenheit und ließen sich für ein paar Silbermünzen vom alten Fährmann, der misstrauisch Xenas inzwischen in allen Farben schillerndes Auge betrachtete, schließlich aber gleichgültig mit den Schultern zuckte, übersetzen. Als sie auf dem schwankenden Gefährt unterwegs waren und Xena die nervöse Argo mit ein paar Äpfeln beruhigte, konnte Gabrielle es sich nicht verkneifen, ihren Kapitän auf den nächtlichen Gesang anzusprechen. Die wässrig blauen Augen unter der verschlissenen Kapuze weiteten sich erschrocken und der beinahe zahnlose Mund des Alten öffnete sich voller Entsetzen als Gabrielle von den Ereignissen der vergangenen Nacht berichtete. Als sie geendet hatte, flüsterte er, als habe er Angst, gehört zu werden: "das war die Loreley! Ihr habt die Loreley gehört!" Gabrielle sah den gebeugten Mann irritiert an: "die Loreley? Wer ist das?" Auch Xena spitzte nun die Ohren und hörte aufmerksam zu, als der Fährmann, anfangs stockend, dann aber immer fließender, folgende Geschichte erzählte: "die Loreley ist eine Zauberin in Gestalt einer wunderschönen Jungfrau mit goldenem Haar. Man erzählt sich, sie sitze auf dem merkwürdigen Felsen mit dem siebenfachen Echo, bei dem ihr offenbar genächtigt habt und kämme sich ihr Haar mit einem goldenen Kamm. Dabei singe sie eine wundersame, gewaltige Melodie, die die Rheinschiffer so verzaubere, daß sie nicht mehr auf die Strömung achten und ihre Schiffe an den gefährlichen Felsen im Flussbett zerschellen." "Also tatsächlich eine Sirene! Wußt' ich's doch! Nur daß diese hier offensichtlich auch Frauen mit ihrem Gesang verzaubert - zumindest griechische...." sagte Xena zu Gabrielle und zwinkerte ihr zu. Gabrielle errötete und stieß Xena mit dem Ellenbogen an. "Aber das ist noch nicht alles", fuhr der Alte in seine Geschichte versunken fort. "Man sagt auch, daß die Loreley alle Männer mit ihrer Schönheit verzaubert - nur den einen nicht, den sie selber liebt." "Was für eine traurige Geschichte", sagte Gabrielle teilnahmsvoll und nahm sich vor, sie bei Gelegenheit auf einer Schriftrolle zu verewigen. "Und was ist wirklich dran an der Legende?" fragte Xena den Erzähler. "Oh, ich persönlich habe die Loreley während meines nun an die siebzig Winter dauernden Lebens weder jemals zu Gesicht bekommen noch singen hören, Odin sei Dank! Und ich stamme hier aus der Gegend. Tatsache ist aber, daß immer wieder Schiffe in den Strudeln und Untiefen beim Echofelsen untergehen. Und ich habe mehrmals verstörte Leute getroffen, die Stein und Bein geschworen haben, den verhexenden Gesang der Loreley gehört und ihren goldenen Kamm im Sonnen- oder Mondlicht blitzen gesehen zu haben - genau wie ihr. Ihr könnt euch also selber am besten ein Urteil über den Wahrheitsgehalt der Geschichte bilden." Xena warf Gabrielle einen nachdenklichen Blick zu. Als die Fähre am anderen Ufer angekommen war, entlohnte Xena den Alten und führte Argo an Land, die Stute war sichtlich froh darüber, wieder festen Boden unter den Hufen zu haben. Gabrielle sagte: "wollen wir hier nicht irgendwo einkehren und einen Happen essen, bevor wir weiter ziehen?" Die Kriegerin stimmte zu und sie verabschiedeten sich vom alten Fährmann, der den beiden Frauen zunickte und eine Weile versonnen nachsah. Dann machte er mit der Hand ein kompliziertes Zeichen zur Abwehr böser Mächte und wandte sich wieder seinem Boot zu.

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Nachdem die beiden Griechinnen sich in einem Gasthof gestärkt hatten, machten sie sich unverzüglich wieder auf den Weg. Ihr Ritt führte sie nun erst einmal ein Stück zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren: ein paar Meilen flussaufwärts gab es die Felsen hinauf einen steilen Pfad, der aus dem engen Tal hinaus führte, so daß sie ihren Weg in östlicher Richtung würden fortsetzen können. Den beiden Freundinnen wollten die nächtlichen Ereignisse und die Geschichte von der Loreley nicht aus dem Kopf gehen. Sie vermochten an nichts anderes mehr zu denken als an die mysteriöse Jungfrau. Schon die bloße Erinnerung an den betörenden Gesang schien auszureichen, deren Zauber aufrecht zu erhalten und so ritten sie schweigend dahin. Allmählich ging nun auch dieser eintönig graue Tag zu Ende. Die Gefährtinnen schickten sich an, schon jetzt nach einem geeigneten Lagerplatz Ausschau zu halten um noch bei Helligkeit in Ruhe alles für die Nacht herrichten und auch essen zu können. Außerdem waren sie in der Nähe des Pfads, der die Felsen hinauf führte, angelangt, wollten den beschwerlichen Weg nach oben jedoch erst bei hellem Tageslicht wagen. Glücklicherweise befanden sie sich in sicherer Entfernung von dem seltsamen Echofelsen, waren also zuversichtlich, diese Nacht durch keinen herzzerreißenden Gesang um den wohlverdienten Schlaf gebracht zu werden - beide Frauen waren ordentlich müde. Sie hatten soeben eine Stelle gefunden, die ihnen als Nachtlager zusagte, als in der Ferne ein markerschütterndes Schreien und Wehklagen ertönte. Gabrielle ließ erschrocken die Satteltaschen fallen, die sie Argo gerade abgenommen hatte und Xena erstarrte, die Hand am Chakram, mit erhobenem Kopf zur Salzsäule. Die beiden Freundinnen lauschten angespannt und stellten fest, daß der Lärm zwar noch weit weg war, sich ihnen aber offenbar zügig näherte. Gabrielle sah die Kriegerin beschwörend an: "da ist jemand in Not, Xena!" Xenas blaue Augen blitzten angriffslustig. "Stimmt, und dem Geschrei nach zu urteilen handelt es sich offensichtlich um eine Frau!" Gabrielle spähte in die Richtung aus der das Schreien kam: "los, wir müssen ihr helfen!" Die Kriegerin nickte zustimmend und stellte dann befremdet fest: "der Radau kommt - aus der Richtung des Echofelsens!" Gabrielle folgerte unbehaglich: "sollte er womöglich etwas mit dieser - Loreley zutun haben?" "Das werden wir sehr bald erfahren", antwortete Xena und wies mit der Hand den steilen Abhang hinauf. Auf halber Höhe der sich den Rhein entlang ziehenden Felsen schien, oberflächlichen Blicken normalerweise verborgen, ein Pfad zu verlaufen. Diesen entlang näherte sich nun, weithin sichtbar im Dämmerlicht, eine Kette von Lichtern, Fackeln offenbar. Begleitet wurde sie von jenem scheußlichen Lärm, der mit dem Näherkommen des Zuges anschwoll, so daß man bald neben der alles dominierenden wehklagenden Frauenstimme auch noch das raue Grölen vieler Männer hören konnte. Gabrielle merkte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten und Xena band Argo entschlossen an einen Baum. "Wir müssen da hinauf, Gabrielle, und dem Fackelzug den Weg abschneiden. Alles Weitere wird sich dann finden." Gefolgt von ihrer treuen Gefährtin begann die Kriegerprinzessin eilig mit dem steilen Aufstieg. Sie kamen schneller bei dem kreuzenden Höhenpfad an als erwartet und hatten genügend Zeit, sich eine Stelle zu suchen, von der aus sie alles gut überblicken und gegebenenfalls angreifen konnten.

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Gabrielle und Xena saßen direkt oberhalb des nahezu horizontal verlaufenden Weges hinter Felsvorsprüngen versteckt und hatten einen guten Ausblick auf die sich nähernde Kolonne. Bei den Lichtern handelte es sich tatsächlich um rötliches Licht verbreitende Fackeln, offenbar ausschließlich von Männern getragen, die in Zweierreihen den schmalen Pfad entlangkamen und lauthals schrieen und grölten. In der Mitte des Zuges wurde eine an Händen und Füßen mit schweren Ketten gefesselte Frau unter den Flüchen und Verwünschungen ihrer Peiniger grob voran gestoßen. Sie war es, die so erbärmlich schrie und wehklagte, daß es einen Stein hätte erweichen können. Die Knöchel von Xenas Schwerthand färbten sich weiß, als diese sich fest um den Griff der Waffe schloß und Gabrielle knirschte wütend mit den Zähnen. Schließlich war der Zug so nahe gekommen, daß Xena und Gabrielle Einzelheiten erkennen konnten. Die circa vierzig Männer waren unterschiedlichsten Alters, vom Jüngling bis zum Greis schien alles vertreten zu sein. Die meisten von ihnen wies ihre Kleidung als einfache Leute und Bauern aus, aber einige trugen die Uniformen von Soldaten und vorneweg ging ein feister Mann in mittleren Jahren, der gekleidet war wie ein Priester. Die Mehrzahl der Männer trug behelfsmäßige Waffen, die nichtsdestotrotz gefährlich waren: scharfe Sicheln und Sensen, spitze Mistgabeln und dicke Knüppel ergänzten die glänzenden Schwerter und Speere der Soldaten und waren nicht zu unterschätzen. Und das alles nur, um eine Frau gefangen zu nehmen? Xena schüttelte verständnislos den Kopf und reckte neugierig den Hals, um endlich einen näheren Blick auf den Anlaß für diesen Aufruhr zu werfen. Was sie da aber zu sehen bekam, verschlug ihr selbst aus der Entfernung den Atem und auch Gabrielle starrte fassungslos mit offenem Mund und Augen, die ihr beinahe aus dem Kopf zu fallen schienen auf die Frau in der Mitte des gespenstischen Zuges. Die beiden Freundinnen waren während ihrer Reisen viel herumgekommen und in den unterschiedlichsten Ländern Menschen verschiedenster Typen und Rassen begegnet, von denen nicht wenige außergewöhnlich schön gewesen waren. Noch nie jedoch war ihnen ein Mensch von solcher Schönheit und Grazie begegnet wie sie diese gefesselte und gequälte Frau hier besaß! Sie war ungefähr dreißig Jahre alt und von nordischem Typ: groß, vielleicht sogar noch größer als Xena, und schlank, mit langen Gliedmaßen und einer Figur, die einen Gott zum Schwärmen hätte bringen können. Sie trug ein schlichtes, weißes Kleid, das jetzt beschmutzt und an manchen Stellen zerrissen war, aber das tat der überwältigenden Wirkung keinen Abbruch. Die Frau besaß die Anmut einer Gazelle und obwohl ihr längliches Gesicht von Schmerz und Angst verzerrt war, konnte man erkennen, daß es außergewöhnlich ebenmäßig geschnitten war. Unter hohen gewölbten Augenbrauen saßen ein paar kornblumenblaue, ausdrucksvolle Augen, umkränzt von dichten Wimpern. Die gerade, nicht zu kleine Nase beschattete einen fein geschwungenen Mund, in dem weiße, ebenmäßige Zähne aufblitzten, wenn die Gepeinigte schrie. Das weiche aber doch willensstarke Kinn ging über in einen schlanken, makellos weißen Hals. Über der hohen, intelligenten Stirn begann der edle Ansatz des wahrhaft golden zu nennenden langen Haars, das der Unbekannten in sanften Wellen über Schultern und Rücken flutete. Für Xena und Gabrielle gab es keinerlei Zweifel, daß sie es hier mit der berüchtigten Loreley zutun hatten. Allein der Anblick zog sie beinahe magisch an. Wenn man sich dann noch den wunderbaren Gesang der vergangenen Nacht hinzudachte, wurde verständlich, warum diese Frau als mächtige Zauberin dermaßen gefürchtet wurde. Auch die sie begleitenden Männer waren sich trotz ihrer abergläubischen Angst vor Hexerei offenbar ihrer betörenden Wirkung bewusst, wie die Art ihrer Beschimpfungen verriet. Außerdem schienen sie auf sadistische Weise die Angst und Qualen ihres Opfers zu genießen und stachelten sich gegenseitig zu immer wüsteren Verwünschungen und Schmähungen an. Es war vorauszusehen, daß bald Gewalttaten folgen würden.... Obwohl Xena die verheerende Wirkung des Gesangs der Loreley besonders bei Gabrielle aber auch am eigenen Leib erlebt hatte, konnte sie doch nicht erkennen, was diese Frau verbrochen haben sollte. War es ihr Vergehen, daß sie so schön war und so betörend sang, daß es jedermann und mancher Frau buchstäblich den Verstand raubte? Sollte sie deshalb vielleicht ihr Gesicht und ihren Körper hinter Schleiern und Tüchern verbergen und darauf verzichten, zu singen, was ihr offensichtlich Freude machte? Nein! Xenas Herz klopfte wild als sie Gabrielle das Zeichen zum Angriff gab und sich mit einem schrillen Kriegsschrei und doppeltem Salto direkt vor die Füße des voranschreitenden Priesters katapultierte. Gabrielle landete, weniger geräuschvoll aber genauso kampfbereit, direkt hinter ihr. Der Zug kam abrupt zum Stehen.

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Mit gezogenem Schwert stand die Kriegerprinzessin breitbeinig auf dem schmalen Pfad und versperrte den Weg. Das Gegröle und Geschrei verstummte und einen Moment lang war es vollkommen still, nur das Murmeln des rastlos in seinem Bett dahineilenden Flusses drang gedämpft zu ihnen herauf. Der Priester sah Xena im schwindenden Licht des Tages verblüfft an und fragte sich wohl, wieso ein solch sonderbares Wesen, das offensichtlich eine Frau war aber irgendwie auch wieder nicht, ausgerechnet vor seinen Füßen vom Himmel fiel. Dann bemerkte er Gabrielle, die kampfbereit hinter der Kriegerin stand und beschloß, lieber zu verhandeln, als auf diesem schmalen Pfad einen Kampf zu riskieren. Immerhin stand er selbst ganz vorne und seine Männer würden Schwierigkeiten haben, an ihm vorbei zu kommen..... "Wer seid ihr und was wollt ihr?" fragte der Priester daher würdevoll. Xena warf sich in die Brust und antwortete im gleichen gestelzten Ton: "Ich bin Xena von Amphipolis, die berühmte Kriegerprinzessin aus Griechenland und das ist meine Freundin und Gefährtin, Gabrielle von Poteidaia, die gefeierte Dichterin. Und wir begehren zu wissen, was jene Frau da hinten verbrochen hat, daß ihr sie dermaßen schlecht behandelt!" Der Priester wollte schon antworten, daß sie das gar nichts angehe, besann sich aber gerade noch rechzeitig: die Kriegerinnen da vor ihm auf dem Weg sahen nicht so aus als ob mit ihnen zu spaßen wäre. Und so sagte er stattdessen: "Frau? Das ist keine Frau! Diese Hexe da ist die Loreley! Sie verzaubert alle Männer mit ihrer Schönheit, bis sie den Verstand verlieren und verlockt die Rheinschiffer mit ihrem magischen Gesang, so daß sie nicht mehr auf den Fluß achten, ihre Schiffe an den Klippen zerschellen und sie in den Fluten umkommen. Sie muß auf dem Scheiterhaufen brennen!" "Interessant! Laß' mal sehen!" Xena machte eine herrische Handbewegung und der von der aggressiv auftretenden, einen Kopf größeren Kriegerprinzessin eingeschüchterte Priester gab seinen Männern ein Zeichen, die Gefangene nach vorne zu führten. Man gehorchte und brachte die Gefesselte vor die Kriegerin. Die tatsächlich noch ein paar Zentimeter größere Germanin stand schweigend vor ihrer hoch gewachsenen Geschlechtsgenossin aus Griechenland und sah sie mit ihren dunkelblauen Augen im Fackelschein düster an. Der sonst so unerschütterlichen Xena wurden die Knie weich und sie hörte Gabrielle hinter sich schwer atmen. Diese Loreley hatte in der Tat eine überwältigende Ausstrahlung..... Xena zwang sich, den Blick von den dunklen Augen abzuwenden und musste sich räuspern. An den Priester gewendet sagte sie mit rauer Stimme: "nun, ich kann nichts zauberisches an ihr entdecken. Ich sehe lediglich eine - zugegebenermaßen außergewöhnlich schöne Frau." Bei diesen Worten errötete Xena bis unter die Haarwurzeln und fühlte sich plötzlich wie ein kleines Schulmädchen. Doch der Priester merkte es nicht. "Du kannst das nicht beurteilen!" entgegnete er aufgebracht. "Du bist eine Frau, dich verhext sie nicht!" "Hast du eine Ahnung!" dachte Xena. Laut sagte sie: "Und wenn schon. Weißt du was? Ich glaube, daß ihr das Problem seid, nicht sie: ihr Männer seid alle miteinander scharf auf sie, weil sie so schön und ..... sexy ist, so toll singt und so weiter. Und weil ihr sie nicht haben könnt, nennt ihr sie eine Hexe und Zauberin und wollt sie vernichten!" Gabrielle nutzte die Gelegenheit, baute sich neben ihrer Freundin vor der Loreley auf und fügte an den Priester gewendet herausfordernd hinzu: "genau! Dabei kann sie doch gar nichts dafür, daß sie so schön ist und singen wird man doch wohl auch noch dürfen!" Der schwermütige Blick der vermeintlichen Hexe heftete sich nun auf Gabrielle, was bei der das Gefühl auslöste, als würde ihr Magen Flügel bekommen. "Oh ihr Götter!" dachte sie und bedauerte beinahe, daß es ihr in der vergangenen Nacht nicht gelungen war, den Rhein zu überqueren und den Echofelsen zu dieser Frau hinauf zu klettern. Bei Xenas Worten war der Priester dunkelrot angelaufen, aus den Reihen der Männer waren Protestrufe zu hören und sie drängten aggressiv nach vorne. Der aufgebrachte Priester sagte, alle Vorsicht vergessend: "Was weißt du denn schon davon, Mannweib? Geh' uns aus dem Weg, damit wir die verdammte Hexe endlich ihrer gerechten Strafe zuführen können!" "Das könnte euch so passen!" rief Xena und an die Bardin gewandt: "Gabrielle, paß' auf, daß der Loreley nichts passiert! Mit den paar Männern hier werde ich alleine fertig!" Dann stieß die Kriegerprinzessin ihren schrillen Kampfschrei aus und griff machtvoll an.

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Mit dem Priester war Xena schnell fertig, ein Hieb mit der flachen Seite des Schwertes beförderte ihn kopfüber die steilen Felsen hinunter. Die Kriegerin bedauerte, daß es hier auf dem schmalen Pfad direkt am Abgrund nahezu unmöglich war, die Feinde zu schonen, aber das war nun einmal nicht zu ändern. Der Schrei des stürzenden Priesters ging unter im Brüllen der nun zornig angreifenden Männer. In Windeseile befreite Xena die erschrockene Loreley mithilfe ihres Chakrams von den Ketten, während Gabrielle mit ihren Dolchen erfolgreich gegen die beiden Bewacher der Frau kämpfte und einen von ihnen dem Priester hinterher schickte. Xena erledigte den anderen mit einem beiläufigen Schwertstreich und Gabrielle ergriff die Loreley bei der Hand und zog sie mit sich zu den Felsvorsprüngen, hinter denen sie mit Xena auf den herannahenden Troß gelauert hatte. Da der Pfad so schmal war, daß jeweils nur ein Mann auf ihm gegen Xena kämpfen konnte, hatte die Kriegerprinzessin leichtes Spiel. Sie erledigte einen Angreifer nach dem anderen mit dem Schwert oder schickte ihn mit einem Tritt oder Faustschlag die tödlichen Felsen hinunter. Kreischend und tobend ging sie mit ungewohnter Brutalität gegen ihre Feinde vor, in der Hoffnung, sie abzuschrecken und zur Flucht zu bewegen. Xenas langes, schwarzes Haar flatterte wild im Wind, ihre blauen Augen blitzten im Widerschein der Fackeln und die Muskeln an ihren nackten Armen und Beinen spielten bei jeder ihrer geschmeidigen Bewegungen. Besonders die sonst friedlichen Zivilisten waren den Anblick einer wild kämpfenden Frau nicht gewohnt und sie entwickelten eine abergläubische Furcht vor der großen Kriegerin mit dem blutigen Schwert, die mühelos einen Mann nach dem anderen in den Tod schickte und schrie, daß es einem durch Mark und Bein ging. War sie womöglich eine der Walküren? Auch der Loreley kam es vor, als wäre Xena kein Wesen von dieser Welt und sie starrte mit großen Augen stumm auf die unbesiegbare Frau und das blutige Geschehen, das sich direkt unter ihr abspielte. Nach und nach kam der Angriff dann auch ins Stocken. Allmählich wichen die vordersten Männer vor Xena zurück und stießen dabei gegen die hinter ihnen nachdrängenden. Einige von ihnen verloren brüllend das Gleichgewicht auf dem schmalen Pfad. Panisch griffen sie nach einem Nebenstehenden um sich festzuhalten, zogen diesen aber nur mit sich in den Tod. Die Schreie der Stürzenden und Sterbenden hallten schrecklich in der tiefen Schlucht wieder und mit jeder erlöschenden Fackel wurde es dunkler auf dem Weg. Xena setzte den Zurückweichenden nicht nach. Sie hatte erreicht, was sie wollte und nicht vor, die Männer durch das Auslösen einer Massenpanik allesamt in den Tod zu treiben. Außerdem war es inzwischen ziemlich dunkel geworden und sie wollte nicht riskieren, ihren Feinden durch einen Fehltritt in den Abgrund zu folgen. So blieb Xena einfach mit gezücktem Schwert stehen und beobachtete, wie sich die Männer am Ende der Reihe endlich umdrehten und das Weite suchten, so daß nach und nach auch die vorderen folgen konnten ohne Schaden zu nehmen. Es dauerte nicht lange, und die Angreifer waren allesamt verschwunden. Stille senkte sich über den Schauplatz des blutigen Geschehens und der Mond kam hinter den am Himmel dahin eilenden Wolken hervor und beleuchtete die Szenerie mit seinem bleichen Licht. Die Kriegerprinzessin ließ erleichtert ihr Schwert sinken.

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Gabrielle rappelte sich auf. "Komm' mit", sagte sie zur Loreley und führte die Befreite vorsichtig zurück auf den Pfad. Xena drehte sich zu den beiden Frauen um und erneut stockte ihr Herz beim Anblick der atemberaubend schönen Frau an Gabrielles Seite. Schnell steckte sie das blutige Schwert weg und wischte sich die Hände an ihrer Lederkleidung ab. Dann sagte sie bemüht locker: "hallo! Ich bin Xena die Kriegerprinzessin und die kleine Frau neben dir ist meine Freundin, die Bardin Gabrielle." Die Genannte verzog ärgerlich das Gesicht. In Anwesenheit dieser beiden weiblichen Prachtexemplare kam sie sich irgendwie mickrig vor und empfand das von Xena verwendete Adjektiv "klein" in diesem Moment als wenig schmeichelhaft. Doch Xena merkte nichts davon, sie hatte nur Augen für die Germanin. "Und du bist also die ..... berühmte Loreley." Die Angesprochene antwortete mit einer melodischen Altstimme, deren warmer, weicher Klang den beiden Freundinnen wohlige Schauder über den Rücken jagte: "jawohl, die bin ich. Und ich bin euch zu großem Dank verpflichtet, weil ihr mich gerettet habt. Ohne euer mutiges Eingreifen wäre mir der qualvolle Tod in den Flammen eines Scheiterhaufens sicher gewesen, wie ihr ja schon von dem Priester gehört habt." Xena suchte nach einer charmanten Antwort aber die beredtere Gabrielle kam ihr zuvor: "Oh, keine Ursache," sagte sie lächelnd, " es ist beinahe unser tägliches Geschäft, schöne Jungfrauen vor dem Tode zu erretten." Xena warf der Freundin einen langen Blick zu und verdrehte die Augen, worauf Gabrielle schnippisch das Kinn hob. Dann sagte die Kriegerin: "bevor wir uns hier die Beine in den Bauch stehen, sollten wir lieber zu Argo herunter klettern. Wer weiß, ob die Männer nicht vielleicht mit Verstärkung zurückkommen und dann sollten wir von hier verschwunden sein." Vorbei an so manchem toten Feind, der mit verrenkten Gliedern in den Felsen lag, machten sie sich an den beschwerlichen Abstieg, der nur vom fahlen Licht des Mondes beleuchtet wurde und die beiden Heldinnen wetteiferten förmlich darum, der Loreley beim Klettern behilflich zu sein. Einen Moment lang war es Gabrielle, als würde sie die Situation von außen betrachten und sie fragte sich, was, bei allen Göttern, denn in sie und Xena gefahren sein mochte, daß sie dermaßen um die Gunst der schönen Frau buhlten. Dann aber war sie wieder voll und ganz damit beschäftigt, der Loreley über eine knorrige Baumwurzel zu helfen und bei der Berührung der warmen Hand der Frau verging jeder Anflug von Vernunft wie Rauch im Wind. Auch Xena hatte ihre lichten Momente, in denen sie sich fragte, was in aller Welt sie und ihre geliebte Gabrielle dazu trieb, hier als Rivalinnen aufzutreten. Aber schon der Klang der melodischen Altstimme reichte aus, Xena alles andere vergessen zu lassen .......

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Argo begrüßte die drei Frauen mit freudigem Wiehern und Xena band sie woanders an, da sie im Bereich ihrer Zügel bereits alles kahl gefressen hatte. Hier unten am Fluß war es wegen der Feuchtigkeit empfindlich kalt und so riskierte die Kriegerin es, unter den tief hängenden Tannenzweigen ein kleines Feuer zu entzünden, in der Hoffnung, daß es von oben vielleicht nicht so ohne weiteres zu sehen sein würde. Dann bereitete Gabrielle ein kleines Abendessen zu, wobei sie Xena und die neben der Kriegerin sitzende Loreley nicht eine Sekunde aus den Augen ließ. Die verlegene Kriegerin, die nicht wusste wohin mit ihren Händen, reinigte ihr Schwert und begann dann, es zu schleifen, was Gabrielle heute aus unerfindlichen Gründen ganz besonders auf die Nerven ging. Aber sie sagte nichts und hantierte mit zusammengekniffenen Lippen weiter mit den Töpfen. Die Loreley schien von all diesen Dingen nicht das geringste zu bemerken, still und anmutig saß sie da und starrte mit blicklosen, traurigen Augen in die Flammen, ein Anblick, der Xena und Gabrielle zutiefst schmerzte. Aber die beiden Frauen waren merkwürdig scheu, sie wagten es nicht, ihren Gast nach dem Grund für seinen Kummer zu fragen. Schweigend nahmen die drei ihr Abendessen zu sich. Der Loreley schien der Sinn nicht nach Konversation zu stehen. Xena und Gabrielle fühlten sich zunehmend elend, wie infiziert von der Schwermut der schönen Frau und sie erinnerten sich daran, daß der Gesang in der Nacht zuvor sie in genau die gleiche Stimmung versetzt hatte. Endlich fasste Xena sich ein Herz und fragte die Loreley vorsichtig und nicht zuletzt um den Klang der betörenden Stimme erneut zu hören: "Entschuldige bitte meine Aufdringlichkeit, aber du machst einen furchtbar traurigen Eindruck. Gibt es irgendwas, was wir für dich tun können?" Der Blick, den Gabrielle Xena zuwarf, drückte Erleichterung darüber aus, daß das lastende Schweigen endlich gebrochen war. Die Loreley zuckte zusammen als habe man sie aus einem bleiernen Schlaf gerissen. Mit ihren wunderschönen Augen sah sie zwischen Xena und Gabrielle hin und her und sagte bestürzt: "Oh! Es tut mir leid, daß ich so unhöflich war! Ich wollte euch nicht die Laune verderben. Und eigentlich müsste ich ja auch guter Dinge sein, weil ihr mich aus großer Gefahr gerettet habt und ich mich nun in eurer Obhut befinde. Ihr habt so viel für mich getan - aber in meinem Kummer kann mir niemand helfen." Die beiden Griechinnen bekamen eine Gänsehaut. Gabrielle sagte schnell: "Manchmal kann es einem aber etwas Erleichterung verschaffen, wenn man mal jemandem sein Herz ausschüttet, stimmt's, Xena?" Die Kriegerin nickte und fügte hinzu: "du musst aber nichts erzählen, wenn du nicht willst. Gabrielle sagt das nur aus Anteilnahme, nicht etwa weil sie neugierig ist." Die Bardin warf Xena einen unsicheren Blick zu und wartete dann auf die Reaktion der Loreley. Diese starrte einen Moment lang nachdenklich ins Feuer. Dann seufzte sie schwer, hob den Kopf und begann schließlich, mit leiser Stimme ihre traurige Geschichte zu erzählen, wobei sie die beiden Freundinnen und das Feuer abwechselnd ansah.

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"Meine Kindheit war froh und unbeschwert. Behütet und geliebt von meinen Eltern und Geschwistern wuchs ich heran und erfuhr niemals etwas Böses. Mit zunehmendem Alter nahm jedoch auch meine Schönheit zu und als ich zur Frau herangereift war, folgten mir die Männer auf Schritt und Tritt und brachten sich gegenseitig um weil sie glaubten, dadurch meine Gunst erlangen zu können. Wie töricht! Es gab aber einen, der war anders als die übrigen. Er war nicht laut, großspurig und ordinär, sondern still, empfindsam und bescheiden. Er spielte die Laute wie kein anderer und lehrte mich das Singen. Einen wunderbaren Sommer lang durchstreiften wir die Gegend, musizierten und führten ernste Gespräche. Ich entbrannte in heftiger Liebe zu ihm und wollte nie mehr ohne ihn sein! Endlich fasste ich mir ein Herz und gestand ihm meine Gefühle. Aber ach! Er hatte mich zwar überaus gern, konnte jedoch meine Liebe nicht erwidern. Jeder andere hätte mich mit Freuden genommen, nur ihn allein konnte ich nicht für mich gewinnen! Und eines Tages war er ohne ein Wort verschwunden...... Seitdem verzehre ich mich in Sehnsucht nach ihm und weiß doch nicht einmal, ob er überhaupt noch lebt. Kein anderer hat mir jemals etwas bedeutet! Um mein schweres Herz zu erleichtern sitze ich des Nachts gerne auf dem Echofelsen und singe meine Sehnsucht hinaus in die Dunkelheit, wobei ich mir einzubilden versuche, daß mein Geliebter mich hört. Dabei kämme ich mein Haar, das er immer sehr bewundert hat. mit einem goldenen Kamm. - Das ist alles. Es ist die ganz gewöhnliche Geschichte einer unglücklichen Liebe. Ich bin weder eine Hexe noch eine Zauberin sondern eine ganz normale Frau wie andere auch."

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"Aber mit einer ganz bemerkenswerten Ausstrahlung!" murmelte Gabrielle vor sich hin und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Xena hatte den Blick gesenkt und musste sich mehrmals räuspern, bevor sie bemüht sachlich sagte: "In der Tat eine traurige aber nicht ungewöhnliche Geschichte. Es tut mir sehr Leid für dich, daß du so unglücklich bist. Aber wir sollten überlegen, wohin du jetzt am besten gehst, hier in der Gegend kannst du jedenfalls nicht bleiben." Gabrielle streichelte unter Xenas eifersüchtigem Blick schüchtern den Arm der Loreley und sagte: "vielleicht solltest du erst einmal ein Stück mit uns reisen, ja, wer weiß, vielleicht würde es dir sogar in Griechenland gefallen. Dort scheint fast immer die Sonne, es ist warm und das Meer......." Gabrielles Stimme wurde immer leiser und sehnsüchtiger, doch die Loreley fiel ihr überraschend heftig ins Wort und sagte bitter: "das hat doch alles keinen Sinn! Wohin ich auch gehe, immer werden die Männer hinter mir her sein. Ihre Frauen werden mich dafür hassen und sie selbst mich zu verderben trachten weil sie mich nicht besitzen können. Überall werde ich als Hexe und Zauberin verschrien sein und beim nächsten oder übernächsten Mal wenn sie mich umbringen wollen, werdet ihr nicht gerade zufällig vorbeikommen..... Nein, mir bleibt nur noch ein Ausweg: ich muß eine jungfräuliche Priesterin in irgendeinem Tempel werden." Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen. Dann sagte Xena aus einem schrecklichen Gefühl von Hilflosigkeit heraus: "ich könnte dich als Kriegerin ausbilden. Dann werden die Männer es sich zweimal überlegen, bevor sie dir nachstellen oder danach verlangen, dich auf dem Scheiterhaufen verbrennen zu sehen, glaub' mir!" Aber die Kriegerprinzessin machte diesen Vorschlag nur halbherzig: körperlich besaß die Loreley vielleicht die Voraussetzungen um eine gute Kriegerin zu werden, aber ihrem Charakter fehlte es entschieden an Aggressivität und Siegeswillen. Die schöne Frau schüttelte dann auch bedauernd den Kopf: "nein, Xena, bei allem Respekt aber das wäre nichts für mich." Eifrig mischte sich jetzt auch Gabrielle ein: "du könntest mit uns kommen und bei den Amazonen leben! Dort gibt's nur Frauen." Voller Stolz fügte die Bardin hinzu: "ich bin eine ihrer Königinnen, es wäre kein Problem für mich, dich bei meinem Stamm einzuführen." " Das geht auch nicht, Gabrielle". Xena schüttelte den Kopf. "Auch die Amazonen sind Kriegerinnen. Sie hätten nur Verachtung übrig für eine, die nicht jederzeit dazu bereit ist, bis zum Tod für ihre Kameradinnen zu kämpfen." Das musste die Bardin zugeben und senkte traurig den Kopf. Die beiden Freundinnen wussten nun auch keinen Rat mehr. Die Loreley sah von einer zur anderen und fühlte sich sehr gerührt durch diese beiden seltsamen Frauen, die nicht nur ihr Leben gerettet hatten, sondern sich jetzt auch noch ernsthaft Gedanken darüber machten, wie es mit ihr weiter gehen sollte. Sanft sagte sie: "es ist wirklich sehr lieb von euch, daß ihr euch die Köpfe darüber zerbrecht, was am Besten für mich wäre. Aber mein Entschluß steht fest. Morgen werde ich mich auf die Suche nach einem Tempel machen, der mich aufnimmt." "Wir werden dich begleiten, bis du in Sicherheit bist!" sagte Gabrielle spontan und voller Wärme. Sie erntete einen befremdeten Blick von Xena, denn schließlich hatte sie am Vortag noch über Heimweh geklagt und nun schien sie es auf einmal gar nicht mehr eilig zu haben, nach Hause zu kommen! Doch der Kriegerprinzessin war es recht, verschaffte es doch auch ihr Gelegenheit, noch eine Weile in der Nähe der Loreley zu sein. Xena musste inzwischen zugeben, daß sie sich deren Anziehungskraft genauso wenig entziehen konnte wie Gabrielle .....

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Die Loreley war einverstanden und nun rüsteten sich die drei Frauen zur Nachtruhe. Xena und Gabrielle gaben der Germanin ihre besten Felle und Decken und ließen sie unter dem Vorwand, daß sie dort am besten geschützt wäre, zwischen sich schlafen. Die von den Strapazen des Tages völlig erschöpfte Frau schlief sofort ein, nachdem sie den beiden Freundinnen herzlich eine gute Nacht gewünscht hatte, aber Xena und Gabrielle taten lange kein Auge zu. Sie lagen beide der in der Mitte schlafenden Frau zugewandt und bemühten sich, die Dunkelheit mit den Blicken zu durchdringen um möglichst viel vom Anblick der Schlummernden zu erhaschen. Als sie schließlich doch der Schlaf übermannte, hatten sie schwere Träume von grölenden Männern, Blut, Gesang, der Loreley und wirren Gefühlen von Liebe und Begehren.... Die Nacht verging ohne Zwischenfälle und auch der nächste Morgen war neblig und kalt. Bleigrau spannte sich der Himmel über dem schroffen Rheintal. Tautropfen hingen an den tief hängenden Zweigen der dunklen Nadelbäume und benetzten hier und da den mit braunen Tannennadeln bedeckten Waldboden. Die Loreley erwachte unter ihren dicken, weichen Fellen und Decken aus erholsamem Schlaf, während Xena und Gabrielle sich vor Kälte zitternd und mit vom vielen Träumen schweren Köpfen stöhnend auf ihren Lagern aufsetzten. Wortkarg nahmen die drei Frauen ihr Frühstück zu sich. Die noch unter dem lebhaften Eindruck ihrer nächtlichen Träume stehenden Griechinnen waren verlegen und die Loreley hing wieder ihren schwermütigen Gedanken nach. Schließlich machten sie sich an den Aufstieg aus dem Tal. Gabrielle ging voran und prüfte den steilen Pfad, die Loreley ging mit gerafftem Kleid hinter ihr her und zum Schluß folgte Xena mit Argo im Schlepptau und war außerstande, den Blick von den wohlgeformten Beinen der vor ihr Gehenden zu nehmen. Ihr Weg führte sie vorbei an so manchem verstümmelten Leichnam der am Vorabend zu Tode gekommenen Männer. Schaudernd wandte die Loreley sich von dem grässlichen Anblick ab, während Xena und Gabrielle alle Toten derer sie habhaft werden konnten, von den steilen Felsen in den Rhein warfen, damit sie wenigstens nicht von Raubtieren gefressen wurden. Endlich kreuzten sie den horizontalen Höhenweg, der Schauplatz des Kampfes um das Leben der Loreley geworden war und danach gab es den Göttern sei Dank keine Leichen mehr.

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Es war bereits Nachmittag, als die drei Reisenden und das inzwischen widerspenstige Pferd den Grat der Felsen erreichten, die die tiefe Schlucht begrenzten, in die der mächtige Rhein seit Urzeiten sein steinernes Bett fraß. Vom Himmel hingen immer noch schwere Wolken herab, die die Spitze der Felsen beinahe zu berühren schienen, so daß man sich unter ihnen nahezu erdrückt fühlte. Müde machten die Frauen Rast, setzten sich auf die Erde und blickten ein letztes Mal hinab auf den weit unter ihnen dahin rauschenden Fluß, dem sie nun endgültig den Rücken kehren würden. Da begann die Loreley zu singen und die beiden Freundinnen erstarrten. Die Germanin sang in einer Sprache, die Xena und Gabrielle nicht verstanden aber es lag solch eine Sehnsucht, Trauer und Hoffnungslosigkeit in der Melodie und dem Klang der tiefen Stimme, daß sie das Gefühl hatten, als bohrten sich spitze Dolche tief in ihre Herzen hinein. Obwohl sie nichts in der Welt lieber getan hätten, als die schöne, traurige Frau in die Arme zu nehmen und zu trösten, waren sie unfähig, sich zu rühren, was die Qual des Zuhörens noch verstärkte. Ohne den Blick vom tief unten dahinströmenden Rhein zu nehmen oder ihren Gesang zu unterbrechen stand die atemberaubend schöne Frau langsam auf. In voller Größe verharrte sie am Felsrand und sang ihr Leid in die Welt hinaus. Sie schien sich der Anwesenheit der beiden Frauen, die ihr das Leben gerettet hatten und nun atemlos ihrem Gesang lauschten, nicht mehr bewusst zu sein, allein dem Fluß galt ihre gesamte angespannte Aufmerksamkeit. Da brach unverhofft ein Sonnenstrahl durch die dichten Wolken und umgab das goldene Haar der Loreley mit einem leuchtenden Kranz. Die wunderschöne Frau breitete die Arme aus und tat einen langen Schritt in den Abgrund. Der Gesang verstummte abrupt.

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Ein zweistimmiger Aufschrei ertönte aus Xenas und Gabrielles Kehlen als sie sich entsetzt aus ihrer Erstarrung lösten und fassungslos in die Tiefe starrten. Weit unten schlug der stumme Körper der schönsten Frau, die sie je gesehen hatten, auf das kalte Wasser des Rheins auf und wurde von ihm für immer verschlungen. Gabrielle sackte hemmungslos schluchzend in sich zusammen und Xena, die aufgesprungen war, stand mit bebenden Lippen und geballten Fäusten da und bemühte sich, nicht auch vollkommen die Beherrschung zu verlieren, während ihr die Tränen über das Gesicht strömten. Es dauerte lange, bis beide Frauen, jede für sich, den Schock so weit überwunden hatten, daß sie versuchen konnten zu begreifen, was da gerade fürchterliches vor ihren Augen geschehen war. Beide hatten das Gefühl, einen großen Verlust erlitten zu haben und fühlten sich seltsam leer, obwohl sie die Loreley doch nicht einmal richtig gekannt hatten und sie nüchtern betrachtet auch gar nichts Besonderes mit der Frau verbunden hatte. Und trotzdem war es ihnen, als hätte man ein Stück aus ihrem Herzen gerissen und sie waren nicht in der Lage, einander anzusehen, geschweige denn Trost zu spenden. Irgendwann sagte Xena heiser und mit abgewandtem Blick: "es ist doch völlig sinnlos, hier herum zu stehen und zu heulen. Laß uns weiter ziehen." Die Bardin antwortete knapp und distanziert: "in Ordnung." Xena nahm Argo bei den Zügeln und ging voran, ohne sich noch einmal umzudrehen und Gabrielle folgte hinter der Stute. Keine der beiden Frauen hatte Lust, zu reiten, schon die bloße Vorstellung davon, einander auf dem Pferderücken körperlich nahe zu sein, schien ihnen auf einmal unerträglich .... Xena und Gabrielle marschierten den Rest des Tages bis weit in die Dämmerung hinein. Sie rasteten nicht ein einziges Mal und wechselten kein Wort miteinander, obwohl Unausgesprochenes schwer zwischen ihnen hing und sie innerlich voneinander trennte. Aber weder Xena noch die sonst so redselige Bardin vermochten die Mauer aus Schweigen zu durchbrechen. Schließlich war es so dunkel geworden, daß an ein Weitergehen nicht mehr zu denken war. Die beiden Frauen waren inzwischen schon ziemlich weit von dem Fluß entfernt, der Zeuge so vieler ihrer Abenteuer geworden war und sie bedauerten es nicht. Die schroffen Felsen hatten sanften Hügeln Platz gemacht, auf denen sich wilder Wald mit bestellten Feldern abwechselte und in deren Tälern kleine Ortschaften lagen, deren Lichter jetzt in der Dunkelheit weithin sichtbar waren und heimelig zur Einkehr einluden. Aber den beiden Frauen war nicht nach Gesellschaft zumute und sie verständigten sich widerwillig mit knappen Worten darüber, eine weitere Nacht im Freien zu kampieren, obwohl die Witterung nach wie vor kühl wenn auch nicht mehr ganz so feucht wie im Rheintal war. Schweigend schlugen sie ihr Lager auf, voneinander abgewandt aßen sie lustlos ihr Abendbrot und ohne einander gute Nacht zu sagen legten sie sich mit dem Rücken zueinander zum Schlafen nieder. Ihr Schweigen war allmählich eisig geworden und die Gefährtinnen litten in zunehmendem Maße darunter, waren aber immer noch außerstande, es zu brechen. Beide fragten sich verzweifelt, was um alles in der Welt mit ihnen geschehen war. Was war aus ihrer innigen Liebe zueinander geworden, was aus ihrer Freude über die Gegenwart, die Nähe der anderen? Sie suchten in ihren Herzen nach diesen warmen, freundlichen Gefühlen und versuchten, vor ihrem inneren Auge vergangene Bilder von gemeinsam verbrachten, schönen Tagen herauf zu beschwören. Aber es wollte ihnen nicht gelingen. Immer wenn sie glaubten, einen Erinnerungsfaden gefunden zu haben an dem sich anknüpfen ließ, drängte sich das wunderschöne Gesicht der Loreley alles andere beiseite schiebend in ihre Vorstellung und sah sie mit dunkelblauen, traurigen Augen so eindringlich an, daß ihnen Hören und Sehen verging...... Auch in dieser Nacht schliefen Xena und Gabrielle schlecht. Längere Wachphasen, in denen sie reglos ins Dunkel starrten wurden von Abschnitten unruhigen Schlafs mit schweren Träumen abgelöst. Beide hatten das Gefühl, als würde diese Nacht kein Ende nehmen.

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Am nächsten Morgen wurde Xena von der Sonne geweckt, die ihr tröstlich wärmend ins Gesicht schien. Die Kriegerin öffnete blinzelnd die Augen und sah direkt in das Gesicht der endlich in tiefen Schlaf gefallenen Gabrielle. Lange betrachtete Xena die vertrauten Züge ihrer Freundin. Ihr Blick glitt über die glatte Stirn unter dem kurzen, blonden Haar, die dunklen Augenbrauen und die mit dichten Wimpern besetzten geschlossenen Augenlider. Dann blieb er an der nicht gerade ebenmäßigen Nase der Bardin hängen, verweilte dort einen Moment und wanderte weiter zu den vom Schlaf leicht geröteten Wangen und dem runden Kinn. Der rote Mund mit den geschwungenen Lippen, die im Schlaf leicht geöffnet waren, fesselte Xenas Aufmerksamkeit schließlich besonders lange.
Bewußt nahm die große Frau alle Einzelheiten in sich auf und fühlte, wie ihr Herz durch diesen Anblick langsam ebenso erwärmt wurde wie ihr Gesicht von der freundlichen Sonne. Nein, schön konnte man Gabrielle wohl nicht gerade nennen - schon gar nicht im Vergleich zur Loreley. Xena verspürte einen Stich im Herzen, verdrängte das Gefühl jedoch sofort. Aber Gabrielle hatte eine Wärme und Fröhlichkeit, die die Loreley nicht besaß - im Gegenteil. In ihrer Gegenwart hatte man sich irgendwie immer nur schlecht gefühlt.....
Plötzlich ergriff Xena große Sehnsucht nach der kleinen Bardin, danach, in ihre grünen Augen zu sehen, ihre vertraute Stimme, ihr Lachen zu hören. Sie erinnerte sich an den vergangenen, schrecklichen Tag, die Kälte in ihrem eigenen Herzen und die Kluft, die sich seit der Begegnung mit der Loreley zwischen ihr und Gabrielle aufgetan zu haben schien. Xena bekam schreckliche Angst, die Freundin vielleicht verloren zu haben. Sie rüttelte die Schlafende sanft an der Schulter: "Gabrielle! Komm' schon, wach auf!"
Schlaftrunken öffnete die kleine Frau ihre Augen und sah Xena an. "Xena? Was ist passiert?" Dann fand sie sich in den starken Armen der Kriegerprinzessin wieder, die sie fest an sich drückte und ein ums andere Mal flüsterte: "Gabrielle, meine liebe Gabrielle! Verlaß' mich nicht!" Die Bardin erwiderte die Umarmung und fragte erstaunt: "warum sollte ich dich denn verlassen, Xena?" Doch noch während sie das fragte, fiel ihr alles wieder ein. Ein eisiger Windhauch wehte durch ihr Herz und die Erinnerung an die Loreley erfüllte sie wie eine reißende Flut. Unwillkürlich sträubte sie sich gegen Xenas Umarmung.
Die Kriegerprinzessin erstarrte für einen Moment, dann ließ sie Gabrielle los. Sie blickte die Bardin an und in ihren leuchtendblauen Augen stand ein ungeheurer Schmerz. "Gabrielle......" Xena wagte nicht, den Satz zu vollenden, stattdessen sah sie die Freundin unverwandt an und fröstelte in der Kälte des Blicks aus den grünen Augen.
In Gabrielle tobte ein fürchterlicher Kampf. Den Blick auf Xenas Gesicht geheftet versuchte sie, das Bild der Loreley aus ihrem Geist zu verbannen, doch es war sehr mächtig. Immer wieder schien es sich strahlend schön und hell vor das dunkle Antlitz der Kriegerprinzessin zu schieben und dieses zu verdrängen. Ein Sog ging von ihm aus, dem Gabrielle immer wieder erlag aber gleichzeitig erzeugte es jenes schrecklich ziehende, sehnsüchtige Gefühl, welches die Stimme und der Anblick der Loreley von Anfang an bei ihr ausgelöst hatten. Gabrielle wehrte sich. Da es ihr nicht gelang, etwas für Xena zu empfinden, konzentrierte sie sich verbissen auf die Qual in den Augen der Kriegerin und schließlich brachte sie es fertig, ihr Herz so weit zu erweichen, daß sie wenigstens Mitleid mit der Freundin empfinden konnte. Das Bild der Loreley in ihr wurde schwächer und das befähigte Gabrielle, die Freundin vor sich deutlicher wahr zu nehmen.
Ausgehend von der Pein in den Augen der Kriegerin registrierte sie jetzt die wunderschöne blaue Farbe der hellen Augen, die durch die dunklen Wimpern und Augenbrauen aber auch die schwarzen Ponyfransen besonders zur Geltung kamen. Gabrielle betrachtete Xenas markantes, von langem, dunklem Haar umrahmtes Gesicht mit den kräftigen Wangenknochen, der geraden Nase und dem beweglichen Mund. Der muskulöse, große Körper besaß kein Gramm überflüssiges Fett und Xenas Haut glänzte seidig im Sonnenlicht. Auch ihre Kriegerprinzessin war schön. Und so vertraut und nah! Gabrielle hatte auf einmal das Gefühl, als fielen eiserne Fesseln von ihrem Herzen.
Xena, die bemerkte, wie ihre Freundin sie von oben bis unten musterte, wartete ängstlich ab, was weiter geschehen würde. Dann sah sie die Veränderung in Gabrielles Augen, in denen die Kälte verschwand und dem vertrauten, liebevollen Ausdruck Platz machte.
Die Bardin lächelte Xena an und wiederholte als wäre nichts geschehen: " hey! Warum, bei allen Göttern, sollte ich dich denn verlassen, Xena?" In Xenas Augen traten Tränen der Erleichterung, sie erwiderte das Lächeln und begann erneut: "Gabrielle ....." Weil ihr jedoch die Worte fehlten, nahm sie das Gesicht der Bardin zärtlich in beide Hände und ehe sie selber wusste, was sie tat, lagen ihre Lippen auf denen der Freundin. In diesem Moment verloren das Bild der Loreley und die Erinnerungen an sie und ihren Gesang unwiderruflich alle verführerische Macht, die sie je über die beiden Frauen gehabt hatten........

-20-

Später am Tag waren Xena und Gabrielle wieder unterwegs auf dem Weg zurück in ihre warme Heimat. Sie ritten gemeinsam auf Argo und die wie immer hinten sitzende Gabrielle hatte beide Arme eng um Xenas Leib geschlungen.
"Das mit der Loreley war schon ein Erlebnis der ganz besonderen Art - von Anfang an. Nicht wahr?" sagte Gabrielle sinnend. Xena wendete halb den Kopf: " bei Aphrodite, das kann man wohl sagen! Ich leide noch jetzt unter den Folgen." Grinsend wies sie auf ihr immer noch geschwollenes Auge, dessen kräftige Färbung aber schon sanfteren Pastelltönen gewichen war. Doch die in Gedanken versunkene Gabrielle ging nicht darauf ein. "was glaubst du, Xena: ob sie wohl doch eine Zauberin gewesen ist?" und leicht errötend fügte sie hinzu: " wenn man bedenkt, daß sie sogar uns den Kopf verdreht hat...." Xena lachte laut auf: "mal ehrlich, Gabrielle: die Loreley war doch wahrhaftig eine wunderschöne Frau, wie zumindest ich noch keine gesehen hab'. Und sie hatte zweifellos eine sehr starke erotische Ausstrahlung. Wenn man dann noch ihre Stimme dazu nimmt..... Bei den Göttern, nein! Da bedarf es meiner Meinung nach keinerlei Hexenwerk mehr um erwachsene Menschen um den Verstand zu bringen." Die Kriegerin kicherte belustigt. Gabrielle, nun knallrot im Gesicht, wechselte schnell das Thema: "Ich glaube, ich werde ein Lied über die Loreley machen. Den Anfang hab' ich schon: "Ich weiß nicht was soll es bedeuten, Daß ich so traurig bin...." Was meinst du?" Xena lächelte wissend, ging aber gutmütig auf das neue Thema ein: "sehr schön, ich bin schon ganz neugierig, wie's weiter geht...." Sie schwiegen einen Moment und hingen ihren Gedanken nach. Dann sagte Gabrielle: "die arme Frau! Ob sie wohl im Tod endlich ihren Frieden gefunden hat?" "Hoffentlich! Mögen die Götter ihrer Seele gnädig sein", sagte Xena nun wieder ganz ernst, fügte dann aber verschmitzt hinzu: "und wir sollten ihnen dankbar dafür sein, daß sie uns nicht so schön und sexy erschaffen haben wie die Loreley." Sie drehte sich im Sattel um und zwinkerte Gabrielle zu: "zumindest nicht ganz so schön und sexy!"
Dann trieb sie Argo zu einem leichten Galopp und lachend ritten die beiden Freundinnen der nächsten Herberge entgegen, in der sie ausgiebig zu schlemmen, zu baden und den Luxus eines richtigen Betts zu genießen gedachten.

- - - Ende - - -

Vielen Dank für's Lesen!
PS. Diese Geschichte ist geistiges Eigentum von Xenina und darf ohne ihre Genehmigung nicht weiterverwendet werden.